Proteste gegen die Kürzungspolitik in den Wiener Spitälern

Zeit für Menschlichkeit – Zeit für Gegenwehr!

Die Hauptgruppe II (HG II) der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, Kunst, Medien, Sport, freie Berufe (GdG-KMSfB) hat eine Protest-Befragung unter allen Krankenhausbediensteten Wiens durchgeführt. Dies ist die letzte Stufe vor dem Start der Kampagne mit dem Titel „Zeit für Menschlichkeit“. „Mit der Protest-Befragung geben wir allen Bediensteten die Möglichkeit, die Forderungen der HG II aktiv zu unterstützen. Unsere Forderungen sind klar formuliert: Wir wollen die Verringerung des Arbeitsdrucks, ausreichend qualifiziertes Personal, bessere Organisation der Arbeitsabläufe und professionelle Personalentwicklung. Diese Grundlagen für ein funktionierendes Arbeitsumfeld in den Spitälern und Pflegewohnhäusern sind derzeit nicht gesichert. Jetzt geht es darum, mit voller Kraft gegen die wiederholten Einsparungen vorzugehen. Diese Kürzungen werden auf dem Rücken der Beschäftigten und Patienten durchgeführt", beschreibt Bernhard Harreither, Vorsitzender der HG II, die Situation in den Wiener Spitälern und Pflegewohnhäusern.

Kranke Geschäfte – kranke Häuser!

Hintergrund der Kampagne sind die seit längeren tobenden Einsparungen im Gesundheitsbereich. Jede Abteilung, jede Station kennt inzwischen den permanenten Personalmangel, Urlaubs- und Überstundensperren. Die Burnout-Rate ist sprunghaft gestiegen und der Druck wächst ins Unaushaltbare. Und das ist erst der Beginn. Die Reform ist der vorläufige Höhepunkt der Zerstückelung eines qualitativ hochwertigen und allgemein zugänglichen Gesundheitssystems. Durch Effizienzsteigerungen (eine Drohung, wie wir Lohnabhängige alle wissen) sollen in jedem Krankenhaus Millionen eingespart werden. Im Gesundheitsbereich bedeutet das konkret, dass für die PatientInnen weniger geleistet und gleichzeitig dem Personal mehr abverlangt wird. Der Zugang zu einer stationären Behandlung und Betreuung wird erschwert – mit der Folge, dass die Betreuung in der Familie zunehmen wird, was vor allem zulasten von Frauen geht. Es handelt sich bei der Reform also schlicht und einfach um eine Kostensenkung durch Auslagerung der Betreuung hin zu unbezahlter Arbeit. Die Zwei-Klassen Medizin ist traurige Realität geworden! Wir haben auch in Österreich laufend neue Angriffe auf das Sozial- und Gesundheitssystem zu erwarten, ein Land wie Griechenland hält uns nur den Spiegel zukünftiger Entwicklungen vor.

Her mit den Informationen!

Der Befragungsbogen will ermitteln, wie hoch die Bereitschaft der Beschäftigten zum Protest ist. Und die ist ohne Zweifel hoch. Die Frage ist eher, wie kann gekämpft werden und wie setzen wir uns durch? Wir müssen sparen, heißt es aus allen Mündern. Der eigentliche Skandal besteht aber darin, dass weder den betroffenen Belegschaften noch der Öffentlichkeit ein umfassender Einblick in die Zahlen gewährt wird, obwohl es ihnen zustünde. Es wird mit Zahlen argumentiert, die nirgends einsehbar sind. Nur mit diesen Zahlen könnte aber aufgezeigt werden, wie hoch die Profite der AnbieterInnen von medizinischen Geräten und Dienstleistungen sind, wie Aufträge tatsächlich vergeben werden, wer von Ausgliederungen profitiert usw. D.h. wir sollten auch stets immer die Forderung aufstellen, dass wir sämtliche Daten und Zahlen über den KAV (alle Einnahmen und Ausgaben, wo fließt das Geld hin, was kostet wie viel usw.) wollen, damit sich die Belegschaft unter Zuhilfenahme von ExpertInnen ihres Vertrauens selbst ein Bild über die tatsächliche Situation machen kann.

Routine raus – Demokratie rein!

Die Kampagne, die Befragung und die Informationsveranstaltung heute sind ein erster richtiger Schritt. Nun muss weiter mobilisiert werden! Das wichtigste ist, dass die Betroffenen nun selbst über Inhalt und Form der Kampfmaßnahmen entscheiden müssen. Der Gewerkschaftsapparat alleine ist zu schwach, sie muss den Rückhalt und die Entschlossenheit der KAV-Beschäftigten spüren. Deshalb ist der Aufbau von Betriebs- und Aktionsgruppen vor Ort auf jeder Station das Gebot der Stunde. In diesen Gruppen wird besprochen, diskutiert und beschlossen, wie der Kampf weitergeführt werden soll. Keine Verhandlungen ohne Informationen an die Belegschaften, keine Abschlüsse ohne Urabstimmung!

Zeit für Systemwechsel!

Gleichzeitig ist es hoch an der Zeit, dass wir Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitsbereich aus der Defensive kommen und in die Offensive gehen. Die Finanzierung unserer für die Gesellschaft so wichtigen Arbeit wäre sehr wohl möglich. Schauen wir uns nur an, über welche Vermögen diejenigen verfügen, die die Krise verursacht haben! Und die Banken und Konzerne scheffeln weiter unvorstellbar hohe Profite. Eine stark progressive Steuer auf Vermögen und Gewinne, die tatsächlich zu einer Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten führt, wäre ein erster Schritt. Damit könnten auch der notwendige Ausbau des Sozial- und Gesundheitssystems sowie die dringend erforderliche Verbesserung unserer Arbeitsbedingungen finanziert werden. Doch die Sparpolitik ist aus der Sicht der Herrschenden die einzige Antwort auf diese Krise. Unter den Bedingungen dieser Krise kann die Kürzungspolitik nur gestoppt werden, wenn wir die Systemfrage stellen. Der einzige Ausweg liegt in der Verstaatlichung der Banken und Großkonzerne unter der Kontrolle der Beschäftigten. Sie stellen zentrale Schalthebel der Wirtschaft dar. Die Wirtschaft muss endlich in den Dienst der Allgemeinheit gestellt werden. Das wäre die ökonomische Grundlage für ein ernsthaftes Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft nach sozialen und ökologischen Gesichtspunkten.

Kampagnenstart: ZEIT FÜR MENSCHLICHKEIT:

Mittwoch, 14. September, 19:00-21:00

Florianipark (hinter dem Rathaus), Wien

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