Was sagt uns Griechenland?
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- Erstellt am Dienstag, 17. März 2015 06:58
- von Axel Magnus, Betriebsratsvorsitzender SDW
Griechenland hat eine neue Regierung. Und das schon wieder weit über ein Monat. Sollte mensch zumindest meinen. Tatsächlich hat Griechenland zwar formal eine Regierung, real aber kann diese nichts entscheiden, ist also nach unserem Verständnis keine Regierung. Für die Verlängerung der sog. Hilfsmaßnahmen musste die griechische Regierung nämlich gegenüber den Institutionen (wie die Troika neuerdings genannt wird – an ihrer Rolle hat sich dadurch allerdings nichts geändert) verpflichten, keine einseitigen Maßnahmen zu ergreifen. Sie darf also – nichts!
Die Troika
Tatsächlich regieren also weiterhin EU, EZB und IWF in Griechenland. Der IWF hat ja mit seinen „strukturellen Anpassungsprogrammen“ in zahlreichen Ländern der Welt mehr als deutlich gezeigt, auf wessen Seite er steht. Der Abbau von Sozialleistungen, die Abschaffung von Subventionen auf oft dringend benötigte Grundnahrungsmittel und allgemein tiefe Einschnitte bei den öffentlichen Ausgaben haben in zahlreichen sog. Entwicklungsländern zu noch mehr Arbeitslosigkeit und Hunger geführt. Ganz so schlimm ist es in Griechenland noch nicht, aber letztlich haben diese drei Institutionen auch dort ein Programm durchgezogen, das ausschließlich auf Kosten der breiten Masse der Bevölkerung geht, wie die Grafik im Titelbild eindeutig belegt.
Ein Bruttoinlandsprodukt, das seit 2009 um 25% gesunken ist, eine Staatsschuld, die sich im gleichen Zeitraum nahezu verdoppelt hat, 1,2 Millionen zusätzliche Arbeitslose (die Arbeitslosigkeit liegt damit bei 27%, unter Jugendlichen gar bei 60%), der Abzug von über 80 Milliarden Euro von Konten bei griechischen Banken, Verluste der Sozialversicherung im Ausmaß von rund 35 Milliarden Euro und die Abwanderung von 250.000 jungen WissenschafterInnen sprechen nicht gerade dafür, dass die Wirtschaftspolitik dieser Institutionen besonders erfolgreich war.
Asozial war ihre Politik aber allemal. Hier sprechen die Zahlen eine klare Sprache: Verringerung des Durchschnittslohnes um 40% und der Durchschnittspension um 50%, Verdoppelung der Armutsrate, Anstieg der von Armut betroffenen Kinder um 41%, eine Zunahme der Haushalte ohne Strom um 250%, fast die Hälfte der Bevölkerung ohne Krankenversicherung – die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Und das alles innerhalb von nur fünf Jahren. Im gleichen Zeitraum hat der Besitz der obersten 10% sich nicht verändert und liegt weiterhin bei 56% des Gesamtreichtums im Lande. Das darf uns nicht weiter wundern, wurde doch z.B. die Steuerbefreiung für die Reedereien (der profitabelste Wirtschaftszweig des Landes), welche unter der Militärdiktatur in den 1960ern und 1970ern eingeführt wurde, nicht angetastet. Klar ist also: Die Reichen haben auch in Griechenland nichts zur Bewältigung der Krise beigetragen, was übrigens überall auf der Welt so ist.
Wirtschaft am Abgrund
Wurde aber das Ziel der Institutionen, die griechischen Staatsschulden auf ein erträgliches Ausmaß zu reduzieren, durch diese Brachialpolitik erreicht? Auch hier sprechen die Zahlen eine klare Sprache. So gab es im Zuge des Schuldenschnittes zwar eine leichte Verringerung der Staatsschulden des Landes, insgesamt sind diese aber, seit die Troika das Ruder im Land übernommen hat, kontinuierlich angestiegen. Bevor das der Fall haben sich die Schulden des Landes viele Jahre lang mehr oder weniger kaum verändert, wie de folgende Grafik zeigt.
Was sich aber sehr wohl verändert hat, sind die KreditgeberInnen des Landes. Die Troika hat hier mehr als eindeutig bewiesen, um was es in unserem Wirtschaftssystem wirklich geht: Vergesellschaftung der Gewinne und Privatisierung der Verluste. Während im März 2010 noch 100% der griechischen Schulden bei privaten Institutionen lagen (Banken, Versicherungen, Fonds, …) hat sich diese Zahl bis August 2013 auf 19% verringert, wie die folgende Grafik deutlich zeigt.
Und je länger das sog. Hilfsprogramm dauert, desto geringer wird dieser Prozentsatz werden. In Wirklichkeit war dieses Programm also eine gigantische Umverteilung von den SteuerzahlerInnen zur Sicherung der Profite privater Institutionen. Seriöse Schätzungen gehen davon aus, dass runde 90% der seit 2009 an Griechenland vergebenen Kredite bei Banken, Versicherungen und Fonds gelandet sind. Die immer wieder betonte Ankurbelung der Wirtschaft im Lande konnte so gar nicht gelingen – all das Geld kam nämlich nie im Land an! Dort wo es vollkommen sinnlose Staatsausgaben gibt, im vollkommen überdimensionierten Militärbereich nämlich, durfte es selbstverständlich keine Einsparungen geben – sonst hätten ja die Rüstungskonzerne in Frankreich, Deutschland, Britannien usw. auf profitable Aufträge verzichten müssen. Die Rechnung zahlen die arbeitenden Menschen in Griechenland und der gesamten EU.
Manche sind halt doch gleicher ...
Zum Thema Wirtschaft noch ein paar Anmerkungen: Die griechischen Wirtschaft wurde unter der Militärdiktatur (1967-1974) systematisch deindustrialisiert. V.a. deutsche und französische Konzerne kauften in dieser Zeit große Teile der Industrie auf, aber nicht etwa, um dort zu produzieren, sondern, um Konkurrenz vom Markt zu drängen. Schon kurz nach dem Kauf wurden die meisten dieser Betriebe einfach geschlossen. Hier liegt die wahre Ursache der wirtschaftlichen Misere. Tourismus alleine reicht halt nicht für eine moderne Volkswirtschaft!
Und gerade heute spielt sich Deutschland, das den Großteil seiner Schulden aus zwei selbst verursachten Weltkriegen niemals zurückgezahlt hat, wieder einmal als Oberlehrer auf. Die griechische Forderung nach einer Bezahlung der im Krieg verursachten Schäden würde dazu führen, dass – je nach ExpertIn – zwischen ein Drittel und der Hälfte der griechischen Staatsschulden mit einem Schlag getilgt wäre. Albrecht Ritschl, Professor für Wirtschaftsgeschichte an der London School of Econmics, hat dazu bereits 2011 in einem Interview unter dem Titel „Deutschland ist der größte Schuldensünder des 20. Jahrhunderts“ im Spiegel (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/euro-krise-deutschland-ist-der-groesste-schuldensuender-des-20-jahrhunderts-a-769052.html) gesagt: „Gemessen jeweils an der Wirtschaftsleistung der USA war allein der deutsche Schuldenausfall in den dreißiger Jahren so bedeutsam wie die Kosten der Finanzkrise von 2008. Im Vergleich dazu ist das griechische Zahlungsproblem eigentlich unbedeutend.“
Umbruch der Parteienlandschaft
In einer Situation, in welcher den Menschen in Griechenland nicht nur die Lebensgrundlage genommen, sondern auch die Würde geraubt wurde, darf es nicht weiter verwundern, wenn diese nach einem Ausweg aus ihrem Leiden suchten. Es kam mithin innerhalb weniger Jahre zu einer völligen Umwälzung der Parteienlandschaft. Die große traditionelle Partei der griechischen ArbeiterInnenbewegung – die sozialdemokratische PASOK, neben dieser gibt es auch noch die stalinistische KKE, die zumeist zwischen 5% und 10% pendelte, aber bis auf ein Intermezzo rund um 1990 nie in der Regierung war – ist praktisch von der politischen Landkarte verschwunden. Lag sie 2009 noch bei rund 44% und hatte damit die absolute Mandatsmehrheit (in Griechenland bekommt die stärkste Partei einen undemokratischen Bonus von 50 Mandaten unabhängig davon wie viel Prozent sie erzielt hat), schaffte sie 2015 mit unter 5% gerade noch den Einzug ins Parlament und liegt in manchen aktuellen Meinungsumfragen unter der Schwelle von 3%, welche zum Einzug ins Parlament erforderlich sind.
Durch die vollkommene Unterordnung der PASOK unter die Sparpolitik der Institutionen gelang der bürgerlichen Nia Demokratia (ND) bei den beiden folgenden Wahlen jeweils der Wahlsieg und sie konnte mit KoalitionspartnerInnen (PASOK und nach der zweiten Wahl 2012 auch DIMAR, einer rechten Abspaltung von SYRIZA, die den Preis für die Sparpolitik mit der Höchststrafe bezahlt hat und heute politisch nicht mehr existiert) die Regierung stellen. Allerdings schmolz ihr Vorsprung auf SYRIZA von Wahl zu Wahl.
SYRIZA selbst entstand Anfang der 1990er aus einer Abspaltung von der stalinistischen KKE. Vorwiegend waren es junge Parteimitglieder, die mit der erstarrten doktrinären Politik der Parteibürokratie nichts mehr anfangen konnten und eine neue Partei gründeten, die sich in den Wohnvierteln, den Universitäten, v.a. aber der ArbeiterInnenbewegung verankern und Politik mit den Menschen statt für die Menschen machen wollte. Sie war zwar von Anfang an immer wieder im Parlament vertreten, ihr spektakulärer Aufstieg begann allerdings erst mit der vollkommenen Unterordnung aller anderen Parteien unter die Vorgaben der Troika. Noch bei den Wahlen 2009 konnte SYRIZA nur knapp unter 5% erreichen, obwohl in dieser Zeit bereits ein Umgruppierungsprozess in der griechischen Linken begonnen hatte und sich immer mehr und mehr kleine linke Parteien SYRIZA anschlossen. Bei den beiden Parlamentswahlen 2012 (17% im Mai, 27% im Juni) nahm die WählerInnenunterstützung massiv zu, so dass schließlich die ND gerade noch 2% vor SYRIZA lag. Bei den Parlamentswahlen im Jänner 2015 war es schließlich so weit – mit über 36% der Stimmen lag SYRIZA fast neun Prozentpunkte vor der ND und verpasste die Mandatsmehrheit nur um zwei Mandate – die ArbeiterInnenbasis der PASOK, insbes. die aktiven GewerkschafterInnen hatten endgültig die Seiten gewechselt.
SYRIZA ging daraufhin eine Koalition mit der ANEL, einer rechten Abspaltung der ND, ein, was bei vielen AktivistInnen im Land, aber auch in der internationalen Solidaritätsbewegung für Unverständnis sorgte. Das darf nicht weiter verwundern, handelt es sich doch vergleichsweise um eine Koalition von SPÖ und FPÖ, die von der großen Mehrheit der SPÖ-Mitglieder mit vollem Recht abgelehnt wird. Grundsätzlich sei dazu angemerkt, dass Koalitionen mit bürgerlichen Parteien (also auch mit der ÖVP oder den Grünen) dazu führen müssen, dass eine Regierung bürgerliche Politik macht, also die SPÖ (oder auch SYRIZA) die gesellschaftliche Klasse, die sie zu vertreten hat, die Lohnarbeitenden, nicht wirklich vertreten kann. Die gerade bekannt gewordenen Details zur Steuerreform in Österreich belegen das mehr als deutlich. Ohne Koalition mit der ÖVP hätte es z.B. wohl keine Erhöhung der Mehrwertsteuer gegeben, dafür aber sehr wohl echte Vermögenssteuern.
Nichtsdestotrotz sind die ersten Pläne der neuen griechischen Regierung positiv zu bewerten: Stopp von Privatisierungen, Anhebung von Mindestlohn und -pension, Wiedereinstellung gekündigter Staatsbediensteter, Gratisstrom für die Allerärmsten, Schließung der Flüchtlingszentren à la Traiskirchen – all diese Maßnahmen weisen in die richtige Richtung, was die GriechInnen anerkennen, auch wenn ihnen vollkommen bewusst ist, dass die Umsetzung zahlreicher von der Regierung geplanter Reformen von der Troika blockiert werden wird. Kein Wunder also, dass SYRIZA in aktuellen Meinungsumfragen bei bis zu 45% liegt und damit aktuell - sollten denn Neuwahlen stattfinden - eine komfortable absolute Mehrheit bei den Mandaten hätte.
Auswirkungen über die Grenzen hinaus
Aus den Entwicklungen am Peleponnes gilt es zu lernen. Zuallererst, dass die Menschen es sich nicht gefallen lassen, wenn ihnen im Interesse des Profits ihre Lebensgrundlage entzogen wird. Rund 20 Generalstreiks in gerade einmal fünf Jahren sprechen hier eine deutliche Sprache.
Und dann müssen wir auch die Konsequenzen für die Parteien der ArbeiterInnenbewegung erkennen. Bisher gab es darauf, dass sich die Hauptparteien der jeweiligen nationalen ArbeiterInnenbewegungen dem bürgerlichen Spardiktat unterordneten zwei unterschiedliche Reaktionsmuster. In Italien etwas sitzt heute keine einzige linke Partei im Parlament. Der Partito Democratico, der uns so gerne als italienische Sozialdemokratie verkauft wird, ist in Wirklichkeit alles andere. Einerseits kommt Renzi, der aktuelle Vorsitzende und italienische Premierminister, aus der Democrazia Cristiana, quasi der italienischen ÖVP, und hat sich im Zuge der Umgestaltung der italienischen Parteienlandschaft ab 1990 diversen politischen Gruppierungen angeschlossen, bevor er im Partito Democratico seine politische Heimat fand. Andererseits zieht diese Partei gerade den härtesten Abbau von Gewerkschafts- und ArbeitnehmerInnenrechten sowie Sozialleistungen in der Geschichte Italiens durch. Sozialdemokratische Politik sieht jedenfalls anders aus.
In Deutschland wiederum hat sich insbes. der Gewerkschaftsflügel von der durch ihre Politik kompromittierten SPD abgespalten und gemeinsam mit anderen (insbes. der mehr oder weniger auf die sog. neuen Bundesländer beschränkten PDS) eine neue Partei namens „Die Linke“ gegründet, die sofort den Einzug ins Parlament schaffte. Gleichzeitig wird die SPD bei nationalen Parlamentswahlen immer schwächer, auch wenn sie sich bisher anders als die traditionellen Parteien der ArbeiterInnenbewegung in Italien und Griechenland nicht selbst vollständig vernichtet hat.
Griechenland hat nun eine neue, dritte, Option auf den Tisch gelegt. AktivistInnen aus der ArbeiterInnenbewegung können von Grund auf eine neue Partei aufbauen. An einem bestimmten Punkt der historischen Entwicklung schließen sich dieser dann mehrheitlich die WählerInnen der traditionellen Parteien der ArbeiterInnenbewegung an, wenn sich diese der Sparpolitik unterordnen. Dass diese Parteien mit dieser politischen Ausrichtung immer schwächer werden, ist überall in Europa zu erkennen und darf auch nicht weiter verwundern. Wer nicht die Politik macht, die den traditionellen WählerInnenschichten der eigenen Partei ein gutes Leben in Würde ermöglicht, der/die wird in Zeiten wie diesen gnadenlos bestraft – an der Wahlurne, durch Mitgliederschwund und irgendwann auch durch vollkommenen Bedeutungsverlust.
Die Zukunft wird zeigen, welchen dieser drei Entwicklungswege jene Länder (inklusive Österreich) einschlagen, in denen die traditionellen Parteien der ArbeiterInnenbewegung noch, wenn auch deutlich geschwächt, fortbestehen. Vielleicht kommt ja noch ein vierter möglicher Weg dazu: Es ist aktuell noch nicht auszuschließen, dass eine dieser Parteien zu ihren Wurzeln zurückfindet, Standortdenken, Spardiktat und die Unterwerfung unter die Profitlogik über Bord wirft, sich ihrer historischen Aufgabe besinnt, die nach wie vor darin besteht, eine Gesellschaft jenseits des Kapitalismus zu errichten und so wieder jene vertritt, die sie einst als ihren politischen Ausdruck geschaffen haben: Die arbeitenden Menschen, die Jugend, die PensionistInnen. Doch dazu braucht es ein neues Programm, eine ganz andere Politik und wohl auch verdammt viele neue Köpfe.
… und langfristige Auswirkungen
Weit über die Grenzen Griechenlands hinaus hat die letzte Wahl dort klar gemacht: Die politische Mitte hat ausgedient. Sie, bzw. das, was als solche bezeichnet wird, hat den Menschen nichts zu bieten als Sozialabbau, die permanent drohende Verarmung, prekäre Arbeitsplätze und ganz allgemein eine fortschreitende Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen. Eine Zukunft für die arbeitenden Menschen, die Jugend und die PensionistInnen hingegen steht gar nicht auf ihrer Agenda – schließlich geht es ihr nur um die Befriedigung der Profitbedürfnisse des Kapitals. Menschen bzw. deren Wünsche und Bedürfnisse haben dahinter zurückzustehen und zu kuschen.
Was aber ist die Alternative zur Mitte, nachdem uns diese von Massenmedien und der herrschaftssichernden Wissenschaft so lange als alternativlos vorgebetet wurde? Gerade jetzt, wo die Massen diese Lüge durchschaut haben? Ganz einfach: Es gibt wieder eine Entweder-Oder-Frage! Links oder Rechts! Kapital oder Arbeit! Profite oder Menschen!
Auch innerhalb der ArbeiterInnenbewegung sagen viele, dass das heute zum Erstarken der Rechten führt. Tatsächlich hat Griechenland mehr als eindeutig bewiesen, dass das nicht stimmt. Die Rechte gewinnt nur, wenn die ArbeiterInnenparteien keine tatsächlich linke Alternative anzubieten haben. SYRIZA hat diese angeboten, indem sie das, was alle anderen als „Sachzwänge“ anerkennen, wieder zum Teil von Politik gemacht hat. Politik ist nämlich genau dazu da, Sachzwänge zu überwinden! Sonst bräuchte es gar keine Politik!
Wenn es also eine fortschrittliche Alternative zum Spardiktat der internationalen Finanzmärkte gibt, dann werden auch in zahlreichen anderen Ländern die ArbeiterInnenparteien wieder Wahlen gewinnen. Möglicherweise wird Podemos, die noch nicht einmal eine richtige Partei ist, die im Herbst anstehenden Parlamentswahlen in Spanien wie derzeit prognostiziert gewinnen; dann wird sich diese Entwicklung noch beschleunigen. Dann wird das Pendel in Europa weit nach links ausschlagen und alle treffen, die sich dem Sparkurs und den scheinbaren Sachzwängen unterwerfen statt diese zu bekämpfen. Wer das nicht lernt, der/die hat keine politische Zukunft mehr. Das ist gut und richtig so – denn selbst wo gültiges Recht zu Unrecht an den Menschen wird, wird Widerstand (bzw. der Bruch dieses Rechtes) zur Pflicht. Auch das ist eine Lehre, die alle ziehen müssen, die eine politische Zukunft haben wollen.
Und die letzte zentrale Lehre ist, dass die Menschen Hoffnung brauchen. Hoffnung auf eine bessere Welt, an deren Aufbau sie sich selbst beteiligen können. SYRIZA wie jede andere Partei, die sich auf die ArbeiterInnenbewegung stützt, wird auch daran zu messen sein, ob sie die Massen weiterhin in die Formulierung ihrer Politik und deren Umsetzung einbindet. Hoffnung aber kann es nur mit dem heute scheinbar Unmöglichen geben, der von vielen verspotteten Utopie. Die WählerInnen in jedem Land sind realistisch genug, dass sie sich von keiner Partei die Umsetzung aller Forderungen erwarten – gerade dann, wenn sie im Rahmen einer Koalition regieren muss. Was sie aber sehr wohl und mit vollem Recht aus tiefstem Herzen wünschen, ist, dass sich eine Partei mit all ihrer Kraft für ihre Forderungen einsetzt und mit letzteren auch klar und deutlich von anderen Parteien unterscheidbar ist. Diese Signale zu überhören, wäre ein fataler Fehler.
Denn dann wird es bald in jedem Land eine SYRIZA geben, die die aktuellen Regierungsparteien aus ihren warmen Büros und gut bezahlten Jobs jagt. Das ist auch der Grund, warum die Merkel, Schäuble, Juncker, Dijsselbloem, Schelling usw. usf. jeden Fortschritt in Griechenland mit aller Macht zu verhindern versuchen. Jede Veränderung zugunsten der Massen, die sie in ihren eigenen Ländern nicht zulassen, wäre nämlich ein Schritt in Richtung ihres eigenen politischen Endes. Aber wäre das nicht in Wirklichkeit die Vorbedingung für eine wirklich neue Politik?