Für eine kämpferische GdG!

Seit Februar erhalten Oberösterreichs öffentliche Bedienstete durch den Landtagsbeschluss vom 29. September 2011 eine um einen Prozentpunkt geringere Lohnerhöhung gegenüber den Bundesbediensteten. Der Widerstand der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG) gegen die sogenannte Mindervalorisierung brachte bisher keinen konkreten Erfolg.

Natürlich befand sich die GdG von Anfang an in einer schwierigen Situation. Sie war mit einem überfallsartigen Landtagsbeschluss konfrontiert, dem die FCG-dominierte GöD im Vorfeld schon zugestimmt hatte. Doch die innerhalb weniger Tage gesammelten 17 000 Unterschriften gegen die Mindervalorisierung zeigten, dass die GdG mit ihrem Widerstand voll dem Willen ihrer Mitglieder und dem aller Gemeindebediensteten entsprach. Im AKh wurden schnell Fragen laut, wann wir nun endlich auf die Straße gehen würden oder ob wir nun mal endlich streiken würden usw.

Es schienen also gute Bedingungen gegeben, durch einen beherzt und energisch geführten Arbeitskampf zu versuchen, die Mindervalorisierung abzuwehren oder zumindest wesentlich abzuschwächen. Doch im Verlauf dieses Arbeitskampf sahen wir AKh’ler uns zunehmend mit der Situation konfrontiert, dass unsere Gewerkschaftskollegen an der Spitze auf die Bremse stiegen.

Schon bei der Linzer Bezirkskonferenz im November letzten Jahres wurde vom Bezirksvorsitzendem unser Vorschlag abgelehnt, durch eine vorherige Pressekonferenz in Form einer Protestkundgebung ersten öffentlichen Druck zu machen. Die zu diesem Zweck von zahlreichen Kolleginnen und Kollegen verschiedenster Stationen gestalteten Protestschilder konnten aber immerhin auf der Bezirkskonferenz den Rest der Delegierten davon überzeugen, dass wir AKh’ler es ernst meinten. Durch unsere Initiative konnten wir den anderen Betrieben und Berufsgruppen Mut machen und mehrheitlich dafür gewinnen, in die Resolution gegen die Mindervalorisierung die Ankündigung eines Streik mit eskalierendem Charakter mit aufzunehmen.

Die am 5. Dezember abgehaltene öffentliche Betriebs- und Dienststellenversammlung aller oberösterreichischen Gemeindebediensteten in Form einer Großdemonstration mit 5000 Teilnehmern war ein beeindruckender, elektrisierender Erfolg. Viele Kolleginnen und Kollegen waren überhaupt zum ersten Mal in ihrem Leben auf einer Demonstration und erlebten auch erstmalig, was eine Gewerkschaft eigentlich ist bzw. dass sie selbst die Gewerkschaft sind. Den meisten AKh-Kollegen erschien die Aufnahme eines Streiks als der nächste logische Schritt, viele sahen außerdem schon die Demonstration während der Dienstzeit nicht ohne Berechtigung als ersten Warnstreik an.

Doch genau dieser 5. Dezember stellt einen Wendepunkt in unserem Arbeitskampf dar. Wir mussten die Entdeckung machen, dass die Landesführung der GdG rund um Norbert Haudum die Demonstration als Schlusspunkt der Mobilisierungen betrachtete. Sie wollte nun nur mehr am Verhandlungstisch „Gewerkschaftsarbeit“ machen. Gegen diesen Rückzieher traten unsere Delegierten im Landesvorstand (ca. 60 Delegierte aus ganz Oberösterreich) auf und setzen sich mit der Forderung durch, einen konkreten Streikbeginn festzulegen: den 1. Februar 2012. Erst durch die Fixierung eines Streiktermins sah sich LH Pühringer überhaupt erst veranlasst, einen Verhandlungstermin anzubieten.

Doch unsere Landesführung blieb trotz dieses Gegenbeweises weiterhin bei ihrer Meinung, dass Mobilisierungen den Verhandlungen nur schaden würden. Daran konnte auch das desaströse „Verhandlungsergebnis“ vom 11. Jänner nichts ändern, wo Pühringer von der Mindervalorisierung keinen Milimeter abrückte und sonst nur leere Versprechungen bzw. Drohungen von sich gab (keine Mindervalorisierung für die kommenden drei Jahre – angesichts drohender Nulllohnrunden kein Kunststück, Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Angleichung der Gemeindebediensteten an die Landesbediensteten – hätte überwiegend Nachteile für Gemeindebedienstete).

Auf das Verhandlungsergebnis folgte eine bis jetzt andauernde heftige Debatte in der GdG. Im AKh konnten wir uns im Rahmen der einen Tag nach der Verhandlung abgehaltenen Betriebsversammlungen (12. Jänner) davon überzeugen, dass nahezu jede Kollegin, jeder Kollege das Verhandlungsergebnis als den sprichwörtlichen Witz betrachtete. Dass unser Verhandlungsteam, das im Wesentlichen aus dem GdG-Präsidium bestand, dieses Ergebnis anscheinend trotzdem so anbetete, dass es gleich den 1. Februar als Streikbeginn fallen ließ, wurde als Skandal aufgefasst. Mit dieser Beurteilung standen wir im AKh glücklicherweise nicht alleine dar. Belegschaft um Belegschaft, Betrieb um Betrieb gaben ihr Missfallen (z.B. im Kampagnenrat) kund und zwangen die Landesführung in den darauf folgenden Tagen dazu, zurückzurudern. Die für den 25. Jänner anberaumte GdG-Präsidiumssitzung wurde in einen erweiterten Landesvorstand umgewandelt, auf dem die Frage des Streiks nochmals aufgerollt werden sollte. Eine vom AKh-Vertrauenspersonenausschuss an Norbert Haudum ergangene Einladung, sich im AKh bezüglich der Streikabsage zu rechtfertigen, blieb aber bis jetzt unbeantwortet.

Im AKh-Vertrauenspersonenausschuss bereiteten wir uns sorgfältig auf die Landesvorstandssitzung vor. Wir brachten eine Resolution ein (siehe unten) die am Ende der hitzigen Debatte - zwischen den beiden Polen AKh und Landesführung - auch mehrheitlich angenommen wurde. Vor allem bezüglich eines wichtigen Punkts konnten wir tatsächlich in der oberösterreichischen GdG einem für Österreich noch sehr neuen Gewerkschaftsansatz zum Durchbruch verhelfen: das Verhandlungsteam hat keinerlei Vollmachten mehr, irgendeinem Angebot zuzustimmen, dies kann nur mehr noch der erweiterte Landesvorstand. Doch leider scheiterten wir mit unserer zusätzlichen Forderung, einen neuerlichen konkreten Streiktermin festzulegen. Zudem gönnen wir mit unserem Beschluss, bis zum 28. Februar mit dem Städte- und Gemeindebund und LH Pühringer weiterzuverhandeln, unseren Gegnern eine viel zu lange Verschnaufpause und laufen außerdem Gefahr, dass die Stimmung unter den Kollegen für einen Arbeitskampf in Resignation umkippt. Wir werden jedenfalls beim nächsten erweiterten Landesvorstand am 29. Februar die Situation neu zu prüfen haben, nicht zuletzt durch die nun im Zentrum stehende gewerkschaftliche Herausforderung durch das Sparpaket.

Doch wie es auch immer am 29. Februar weitergeht, eines ist gewiss: die oberösterreichische GdG hat sich komplett gewandelt. Vorbei sind die Zeiten, wo einige Funktionäre an der Spitze die Gewerkschaft nach dem Prinzip der Gemütlichkeit verwalten und die Betriebsräte und die Vertrauenspersonen, die einfachen Mitglieder und die Kollegen den von der Führung vorgeschlagenen Kurs kritiklos hinnehmen. Die jetzigen und viel mehr noch die kommenden Angriffe auf unseren Lebensstandard sind einfach viel zu heftig, als dass wir diesen alten Gewerkschaftskurs, der darin besteht, einem gewerkschaftlichen Kampf möglichst aus dem Weg zu gehen, noch länger zulassen können. Im Verlauf der letzten Wochen haben die AKh-Belegschaft und der Akh-Vertrauenspersonenausschuss bewiesen, dass sie für den neuen Kurs bereit sind, der darin besteht, Kompromisse erst dann anzunehmen, wenn sämtliche Möglichkeiten eines demokratischen Arbeitskampfs ausgeschöpft sind.

Selbst wenn wir schlussendlich die Mindervaloriserung hinnehmen müssen, weil die Landesführung den Arbeitskampf eventuell schon erfolgreich verschleppt und erstickt hat, machten wir im AKh gemeinsam unschätzbare Erfahrungen durch, die uns keiner mehr nehmen kann: die Mobilisierung zur Großdemonstration, die lebendigen Debatten im Vertrauenspersonenausschuss, die Streikvorbereitungen mitsamt der Wahl einer Streikleitung, der vorbereitenden Organisierung des Streiks für den gesamten Betrieb, der Überzeugungsarbeit der Kollegen, dem inspirierendem Streikseminar, dem sehr aufschlussreichen Besuch der Kollegen vom Berliner Charité-Krankenhaus, die im Mai 2011 durch einen einwöchigen Streik, bei dem die Hälfte der 3000 Betten frei wurden, eine massive Lohnerhöhung durchsetzen konnten usw.

Allem voran steht aber die Erfahrung, dass wir selbst die Gewerkschaft verändern können. Dies zeigte sich durch die oben beschriebenen Auseinandersetzungen in aller Deutlichkeit. Schon jetzt konnten wir einen vorzeitigen Abbruch des Arbeitskampfs verhindern. Und wir haben erst angefangen! Wir werden mit aller Geduld, aber auch mit aller Hartnäckigkeit weiter für unseren Kurs kämpfen und sind zuversichtlich, dass wir eines Tages diesen Kurs als den führenden Kurs in der GdG etablieren können. Diese Aufgabe steht in der kommenden Periode in allen Gewerkschaften auf der Tagesordnung. In der oberösterreichischen GdG haben wir bewiesen, dass wir willens sind, dieser Aufgabe gerecht zu werden.

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