Wer kämpft, kann verlieren – wer nicht kämpft, hat schon verloren!

Flugblatt zum Streik der BogendruckerInnen am 09.06.2009

Auch bei den DruckerInnen versuchen die Unternehmen schon länger, der Gewerkschaft im Windschatten der Wirtschaftskrise entscheidende Zugeständnisse abzuringen. So wurde der Kollektivvertrag im Dezember 2008 gekündigt. Manche KollegInnen wären im Zuge der Streichung vieler Zulagen mit einer Lohnreduktion bis zu 30% konfrontiert gewesen.

Solch eine provokante Herausforderung mobilisierte die Belegschaften und brachte die zuständige Gewerkschaft (GPA-DJP) in Bewegung. Die nächsten Monate waren von kämpferischen Betriebsversammlungen (teilweise mit verzögernden Auswirkungen auf die Zeitungsproduktion) und sehr zähen Verhandlungen gekennzeichnet. Doch schnell kristallisierte sich heraus, dass die Gewerkschaftsspitze einer echten Auseinandersetzung ausweichen wollte. Anstatt auf die Kampffähigkeit der KollegInnen zu vertrauen, setzte sie alles auf einen Kompromiss am Verhandlungstisch. Denn der Gegenvorschlag des gewerkschaftlichen Verhandlungsteams war nicht etwa die volle Ablehnung der Forderungen der Unternehmen, sonden eine Lohnkürzung von "nur" 5%.

Nun musste aber der Gewerkschaftsführung angesichts des Unmuts der Basis eine weitere Mobilisierung zulassen. Es folgten Beschäftigtenkonferenzen in den Bundesländern, welche die Kampfbereitschaft – auch in öffentlichen Aktionen wie in Salzburg – unmissverständlich zum Ausdruck brachten. Der Gewerkschaftsführung als auch dem UnternehmerInnenverband wurde dadurch klar, dass alle Voraussetzungen für einen machtvollen Streik gegeben waren. Doch beide Seiten fürchteten diesen gleichermaßen. Diese Angst gebar in der Nacht vor dem Streikbeginn einen Kompromiss: Die Lohnkürzung würde "nur mehr" ca. 2% betragen, wenn im Gegenzug alle Kampfmaßnahmen abgeblasen werden.

Während die Belegschaften den Kompromiss großteils ablehnten und streikbereit waren, setzte sich die gegenteilige Position in der Gewerkschaftsspitze mehrheitlich durch und das Angebot wurde angenommen. Kein Wunder, hatte doch Vorsitzender Bittner seine ganze Autorität für das Angebot in die Waagschale geworfen und versucht, den Kampfeswillen der BetriebsrätInnen mit dem Hinweis auf angeblich streikunwillige Betriebe zu untergraben. Leider mit Erfolg.

Die ArbeitgeberInnen aber forderten "Nachbesserungen" bei den Bogendruckereien, da hier die Konkurrenz zu groß sei. Sie ließen zwischen den Zeilen gar durchblicken, dass sie im Bogendruck überhaupt keinen Kollektivvertrag mehr wollen.

Und leider ist der Bogendruck tatsächlich die Achillesferse der Gewerkschaft. Ein Streik hier kann nicht sofort den wirtschaftlichen Druck aufbauen, wie DruckerInnen von Tageszeitungen, wo schon ein Tag genügt, um finanzielle Einbußen auszulösen, ganz abgesehen davon, dass das ganz Österreich sofort bemerkt.

Bei einer weiteren BetriebsrätInnenkonferenz am 4. Juni stemmte sich Franz Bittner erneut gegen alle Stimmen aus den Reihen der BetriebsrätInnen, die nun endgültig die Zeit für einen Streik der gesamten Branche gekommen sahen. Er bestritt, dass die Gewerkschaft noch einen ordentlichen Streik zustande bringen könnte. Diese Angstmache ließ die Mehrheit wieder nachgeben. Die KollegInnen aus den Bogendruckereien wurden im Regen stehen gelassen!

Somit gereicht es allen KollegInnen aus den Bogendruckereien zur Ehre, die durch ihren heutigen Streik für den Erhalt ihrer elementarsten gewerkschaftlichen Errungenschaften kämpfen. Sie verdienen die uneingeschränkte Solidarität der gesamten ArbeiterInnenbewegung. Durch ihren mutigen Arbeitskampf schwimmen sie gegen den Strom des gewerkschaftlichen Schweigens angesichts von Lohnkürzungen, Kurzarbeit und Massenentlassungen. Es ist der erste Arbeitskampf gegen die Auswirkungen der Krise in Österreich!

Wir müssen auch die Gewerkschaftsführung kritisieren, die eine Niederlage am Verhandlungstisch einfährt, bevor sie überhaupt gekämpft hat. Solch eine Führung brauchen wir nicht!

Die Basis wurde in allen wichtigen Entscheidungen übergangen, es fanden keine Urabstimmungen über das Kompromissangebot statt. Eine von ihrer eigenen Führung derart gelähmte Gewerkschaft kann nur dann Erfolg haben, wenn sich die Basis die Gewerkschaft wieder aus den Händen ihrer Führung zurückholt.

Alle KollegInnen, FunktionärInnen und AktivistInnen, die für eine demokratische und kämpferische Gewerkschaft stehen, müssen sich daher jetzt in Form eines organisierten Basis-Bündnisses zusammenschließen und für folgende Forderungen eintreten:

  • Jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit aller FunktionärInnen!
  • Ausweitung des Streiks auf die gesamte Druckbranche!
  • Urabstimmung über jedes weitere Verhandlungsergebnis!

Der ÖGB muss angesichts des DruckerInnenstreiks einen österreichweiten Aktionstag gegen die Wirtschaftskrise organisieren – mit landesweiten Mobilisierungen, Demonstrationen und Streiks unter dem Motto: "Wir zahlen Euere Krise nicht!".

Entscheidend ist jetzt, ob die KollegInnen in der DruckerInnengewerkschaft ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und die Gewerkschaft von unten neu aufbauen. Gelingt es den KollegInnen in den Zeitungs- und Rollenbetrieben, den Streik auch auf ihre Betriebe auszudehnen, dann wäre die erste Voraussetzung gegeben, die gesamte österreichische Gewerkschaftsbewegung wieder in die Offensive zu bringen. Vertrauen wir auf unsere eigene Kraft!

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