KV-Verhandlungen in der Metallindustrie: BetriebsrätInnenkonferenz macht Druck

Seit einem Monat laufen die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 170.000 Beschäftigten in der Metallindustrie. Diese Verhandlungen haben traditionell Vorbildwirkung für die Lohnabschlüsse auch aller anderen Branchen. Nach drei Verhandlungstagen zeichnet sich eine äußerst harte Auseinandersetzung zwischen Arbeit und Kapital ab. Die UnternehmerInnen führen die drohende Wirtschaftskrise ins Spiel und sind nicht bereit, Lohnabschlüsse über der Inflationsrate zuzugestehen. Bis zuletzt haben sie in den Verhandlungen gemessen an ihrem ersten Angebot nur eine Erhöhung von 0,1% draufgelegt. Gleichzeitig fordern sie die Einführung des 10-Stunden-Normalarbeitstages, den 12-Stunden-Tag im Schichtbetrieb, einen mehrjährigen Durchrechnungszeitraum der Arbeitszeit und weitere Verschlechterungen im Rahmenrecht des Kollketivvertrages (KV). Die letzte Verhandlungsrunde endete überhaupt damit, dass die UnternehmerInnen ursprünglich weitere Gespräche über einen neuen KV auf unbestimmte Zeit verschieben wollten.

Diese Verhandlungsstrategie kann nur als bewusste Provokation gegenüber den Gewerkschaften GMTN und GPA-djp gewertet werden.

Mit der BetriebsrätInnenkonferenz am 29.10.2008 wollten die beiden Gewerkschaften daher den Druck vor der nächsten Verhandlungsrunde erhöhen. Das ist auch gelungen. Aus ganz Österreich waren mehr als 2.500 KollegInnen angereist und zeigten sich kampfbereit. Die Gewerkschaft fordert derzeit 5,4% mehr Lohn. Diese Forderung ist angesichts der tatsächlichen Teuerung, die von der offiziellen Inflationsrate nicht einmal ansatzweise erfasst wird, ohnedies schon sehr moderat. Doch selbst mit dieser "wirtschaftskonformen Forderung" (Zitat Kollege Erich Foglar von der GMTN) ist ein Kompromiss am Verhandlungstisch derzeit außer Reichweite.

Die Gewerkschaft betont, dass die Unternehmen Jahre mit Rekordgewinnen hinter sich haben. Allein im letzten Jahr wurden in der Metallindustrie 2,2 Mrd. Euro an Dividenden ausgeschüttet. Die AktionärInnen haben somit im Durchschnitt ihren Gewinn im Vergleich zu 2006 um 115% steigern können! Im Gegensatz dazu hatten die Beschäftigten Reallohnverluste (gemessen an der offiziellen Inflationsrate!) in der Höhe von 0,7 Prozent zu verzeichnen. Viele KollegInnen kommen mit diesem Lohn nicht mehr über die Runden. Es wurde mehrfach betont, dass die Beschäftigten nicht für diese Krise zahlen sollen. Ein Betriebsrat brachte es auf den Punkt: "Die Kollegen haben vielleicht Angst vor der Krise. Aber sie haben noch mehr Angst, dass sie ihre Miete nicht zahlen können, dass sie die Heizkosten nicht zahlen können."

Die Zeichen in dieser Lohnrunde stehen also auf Sturm. Wenn die nächste Verhandlungsrunde wieder kein passendes Ergebnis bringen sollte, dann wird es ab 5. November zu Betriebsversammlungen kommen, die nicht nur Informationscharakter haben werden, sondern wo auch der Betrieb gestört wird. Es wurde von mehreren BetriebsrätInnen betont, dass es dann darum geht, den UnternehmerInnen dort weh zu tun, wo sie es wirklich spüren - in den Betrieben!

Bemerkenswert war auch der Auftritt von Franz Sieder, dem Betriebsseelsorger aus Amstetten, der eine klar antikapitalistische Position einbrachte. Er meinte sogar, es sei nicht einzusehen, warum in der Gesellschaft das Kapital das Sagen hat und nicht die ArbeiterInnen. Seine Ausführungen erhielten tobenden Applaus.

In unseren Gesprächen mit dutzenden KollegInnen zeigte sich der Wunsch nach einer kämpferischen Gewerkschaft. Viele kritisierten, dass die Gewerkschaft bisher zu zahnlos aufgetreten war. Aus diesen Diskussionen ging auch deutlich hervor, dass in vielen Betrieben die Auswirkungen der Krise spürbar werden. Tausende LeiharbeiterInnen wurden bereits abgebaut (leider ohne sichtbaren Widerstand der Gewerkschaft!), in der Autozulieferindustrie gibt es in mehreren Betrieben bereits Kurzarbeit, allein im steirischen Autocluster wurden bereits 5.000 ArbeiterInnen entlassen und eine gleiche Anzahl zur Kurzarbeit angemeldet. Harte Zeiten brechen für die KollegInnen in den Betrieben an.

Man kann der Führung der GMTN einige Kritik nicht ersparen. Nach ihren eigenen Aussagen bewegt eine Lohnerhöhung um einen zehntel Prozentpunkt (0,1 Prozent) 7 Millionen Euro. Über Jahre boomte die österreichische Metallindustrie. Wenn letztes Jahr nun eine Lohnerhöhung von ca. 10 Prozent durchgesetzt worden wäre, hätte dies ein zusätzliches Lohnvolumen von 450 Millionen Euro bewegt. Damit wäre gerade mal ein Viertel der Profite der Metallindustrie in die Taschen der MetallarbeiterInnen und Angestellten umgeschichtet worden. Die "verantwortungsvolle" Lohnpolitik der letzten Jahre war nichts anderes als eine gewerkschaftlich akzeptierte Umverteilung von den arbeitenden Menschen zu den KapitalbesitzerInnen. Jetzt im Nachhinein, wenn bereits deutliche Krisensignale hör- und spürbar sind, diese falsche Lohnpolitik auszubügeln wird umso schwieriger sein.

Was weiter auffällig war, ist das völlige Schweigen der GMTN zum Thema Stellenabbau. Während kaum einE DebattenrednerIn eine massive Kritik am Finanzkapitalismus ausließ, und jedeR betonte, dass heuer mehr als ein Reallohnverlust drinnen sein muss, so wurde dieses Thema doch ausgelassen. Es war augenscheinlich, dass Kämpfe gegen Stellenabbau von Seiten der Gewerkschaft nicht vorgesehen sind.

Umso wichtiger ist jetzt, dass sich in der Gewerkschaft die Stimmen für einen kämpferischen Kurswechsel erheben. Die UnternehmerInnen sind zu keinen Zugeständnissen,ja bisher nicht einmal zu weiteren Verhandlungen bereit. Alle KollegInnen, die einen kämpferischen Kurswechsel in der Gewerkschaft für notwendig halten, müssen jetzt in ihren Betrieben die Belegschaften informieren und auf den Kampf vorbereiten. Die Auseinandersetzung um einen halbwegs ordentlichen Lohnabschluss ist nur zu gewinnen, wenn jetzt die KollegInnen in den Betrieben den nötigen Druck erzeugen und diesen Kampf aktiv führen und demokratisch bestimmen. Die UnternehmerInnen müssen jetzt die geballte Faust der MetallarbeiterInnen zu spüren bekommen!

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