Betriebsversammlung bei Shell

Nachdem es bei den Verhandlungen um einen Sozialplan keine Fortschritte gab, spitzt sich der Arbeitskampf bei Shell Lobau weiter zu. Bei eine Betriebsversammlung wurde ein Streik vorbereitet. Wir waren dazu eingeladen, da wir uns bereits am vorhergehenden Wochenende solidarisch an der Blockadeaktion beteiligt hatten.

Wir werden im Betriebsratsbüro willkommen geheißen. Auf der Tür pickt ein Aufkleber "Wir lesen die AZ", an der Wand hängt ein Kalender mit historischen Gewerkschaftsplakaten. Kein Zweifel, dass hier alle gestandene Rote sind. Ein Kollege informiert uns über die jüngsten Entwicklungen. Plötzlich ertönt die "Internationale", das Handy des Betriebsratsvorsitzenden klingelt.

Die Betriesversammlung beginnt. Den Anfang machen die Gewerkschaftsvertreter. Sie bekunden ihre Unterstützung für den Arbeitskampf, versuchen aber die Erwartungshaltung möglichst niedrig zu halten. "Der Erhalt des Werks" ist nicht realistisch, "aber wir müssen schauen, dass wir uns so teuer wie möglich verkaufen".

Dann kommen die Arbeiter zu Wort. Sie sind kampfbereit, die Sorge um die Zukunft steht den meisten ins Gesicht geschrieben. Was ihren Zorn der verstärkt, ist das heuchlerische Auftreten von Shell in der Öffentlichkeit. Aber gerade das soziale Image von Shell ist ein Trumpf in der Hand der Arbeiter in diesem Arbeitskampf, weil Shell große Angst davor hat, dass in der Öffentlichkeit sein wahres Gesicht erscheint.

Verärgert sind die Arbeiter auch über die Haltung des Angestelltenbetriebsrates, der nicht mitstreiken will, weil er Angst vor Konsequenzen hat. Gleichzeitig steht aber die Mehrheit der Angestellten sehr wohl hinter den Kampfmaßnahmen und unterstützt die Arbeiter aktiv!

Der Betriebsrat stellt dann den Streikplan vor. In allen Reden wurde deutlich, dass die Arbeiter sich im Moment in einer starken Position befinden und es völlig legitim ist, sich zu wehren, dass ein Erfolg möglich ist, wenn gemeinsam Stärke gezeigt wird. Ein Arbeiter hält einem Kollegen, der sich unsicher ist, ob Streik die richtige Antwort sei, entgegen: "In einem Buch hab ich folgenden Spruch gelesen: Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren." Den Schlusspunkt setzt ein Gewerkschaftssekretär der PRO-GE indem er kämpferisch und mit geballter Faust in den Raum ruft: "Holen wir uns, was uns zusteht!". Dafür erntet er tosenden Applaus.

Bevor sich die Versammlung auflöst, zeigen wir noch die ersten Szenen des von uns mitgebrachten Films "Hände weg von der Officina" über die erfolgreiche Betriebsbesetzung ei einer Eisenbahnwerkstätte in der Schweiz. Für viele Arbeiter ist dieser ein Beispiel, dem es zu folgen gilt. Wir überlassen den Kollegen eine Kopie des Films. Die Fortsetzung der Vorführung soll es dann am Montag geben, im Laufe des Streiks. Und für die Firmenleitung und allfällige Solidaritäsdemos in der Lobau gilt eines: Warm anziehen!

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