Shell: Seien wir realistisch
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- Erstellt am Sonntag, 13. Dezember 2009 14:47
- von Gernot Trausmuth, Kampagne "Wir sind ÖGB"
In einem Konzern wie Shell sind die ArbeiterInnen und Angestellten einzig ein Kostenfaktor. Die Konzernleitung, das Management hat die Macht zu entscheiden, ob und wie unsere Arbeitskraft eingesetzt wird. Das kann heute bedeuten, dass wir ständig Überstunden machen müssen, kann morgen aber heißen, dass wir entsorgt werden, und unsere Arbeit von nun ab an einem anderen Standort verrichtet wird. Weil dort die Ware Arbeitskraft billiger ist, weil es keine Gewerkschaft und keinen Betriebsrat gibt, weil es noch weniger gesetzliche Regeln gibt, die das Kapital zügeln.
Ja, so ist das im Kapitalismus. Der Mensch zählt immer weniger als der Profit. Und damit niemand auf blöde Gedanken kommt, ist das auch gesetzlich so abgesichert – im "öffentlichen Interesse" heißt das dann, obwohl es um das Recht auf Privateigentum einer kleinen Minderheit geht.
Die Botschaft ist klar: Wenn Du für das Kapital nicht mehr von Nutzen bist, dann musst Du kuschen und das Schicksal arbeitslos zu sein gefälligst akzeptieren. Vielleicht findet sich ja ein neuer Job, oder Du machst dich selbständig ... Aber wer kann bei einer so eiskalten Behandlung schon ruhig halten? Jahrelang für das Unternehmen alles geben, und dann ist alles von einem Tag auf den anderen aus, obwohl Profite geschrieben werden. Es ist offensichtlich, dass dieses System der Profitgier unmenschlich und zynisch ist. Es schreit nach Widerstand, denn nur so können ArbeiterInnen ihre Würde erhalten.
Doch Widerstand mit welchem Ziel? Wofür sollen wir streiken? Der Kampf für den Erhalt des Werks und aller Arbeitsplätze sei unrealistisch, wird uns von hohen GewerkschaftsfunktionärInnen gesagt. Wir können angeblich nur versuchen, uns so teuer wie möglich zu verkaufen.
Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass es sich lohnt zu kämpfen. Entscheidend ist aber, wie der Kampf geführt wird. Ein Streik muss dort treffen, wo es dem Kapital weh tut. In der Produktion von Gütern also, die das Unternehmen auf dem Markt verkaufen will. Es muss unmöglich gemacht werden Profite zu machen. Im Fall von Shell ist mit Sicherheit die Bestreikung der Betankung bzw. die Blockade der Werkstore das größte Druckmittel. Die Belegschaft muss zeigen, dass das Werk ohne sie nicht funktioniert.
Wenn dieser Weg beschritten wird, dann bedeutet das natürlich volle Eskalation. Es drohen Schadenersatzklagen, der Druck wäre enorm. Es gibt nur eine Möglichkeit diesem standzuhalten: Wir müssen die öffentliche Meinung für uns gewinnen. Auf die Medien ist dabei kein Verlass. Bis jetzt wurde der Arbeitskampf bei Shell tot geschwiegen. Wir müssen selber dafür sorgen, dass die Menschen davon erfahren. Die Gründung eines Solidaritätskomitees ist ein erster Schritt. Die Gewerkschaft muss mit voller Kraft die Solidarität mit der kämpfenden Belegschaft aufbauen.
Ein Konzern wie Shell ist natürlich als Markenfirma auch bei ihrem öffentlichen Image verwundbar. Ein Streik muss daher ergänzt werden durch Aktionen, die das wahre Gesicht dieses Konzerns zeigen. Shell ist nicht das "familienfreundliche, soziale Unternehmen", als dass es sich präsentiert und von der Politik feiern lässt. Das muss aufgezeigt werden.
Dies geht nur, wenn der Streik aktiv und öffentlich geführt wird. Raus auf die Straße, vor andere Betriebe gehen, die Menschen aufklären, Solidarität einfordern – das ist der Schlüssel zum Erfolg in diesem Arbeitskampf.
Ob der Erhalt des Werks und der Arbeitsplätze eine realistische Option wird oder nicht, hängt davon ab, wie und mit welcher politischen Perspektive der Arbeitskampf geführt wird. Entscheidend wird sein, ob es gelingt zu zeigen, dass der Erhalt eines Werkes wie Shell in der Lobau von öffentlichem Interesse ist. Für die Rettung der Banken waren und sind Milliarden vorhanden und werden von der Regierung zur Verfügung gestellt worden.
Wir müssen zeigen, dass die Rettung der Jobs bei Shell oberste Priorität hat. Dies wird nur gehen, wenn durch den Arbeitskampf die Öffentlichkeit davon überzeugt werden kann, dass Menschen mehr zählen als der Profit, dass das Privateigentum an Produktionsmitteln und die alleinige Entscheidungsmacht des Kapitals über dieses eben nicht heilig und naturgegeben sind.
Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche!