Post: Brief vom Weihnachtsmann
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- Erstellt am Freitag, 22. Januar 2010 14:47
- von Kampagne "Wir sind GPF"
Der Weihnachtsbrief der uns, vom gesamten Vorstand unterzeichnet, erreicht hat, enthält einige Fragen und Widersprüche. So heißt es im ersten Satz: "2009 war für die Post ein spannendes und sehr ereignisreiches Jahr. Dank Ihres persönliches Einsatzes ist es uns gelungen, die vielen Herausforderungen positiv zu meistern." Schon im ersten Satz des Führungsquintetts ist also herauszulesen wie sich die KapitalvertreterInnen über die Belegschaft der Post lustig machen. Spannend? Ja. Ereignisreich? Absolut.
Nehmen wir zuallererst die Farce um die Auslagerung der Zustellbezirke. Um im Jahr eines neuen Rekords bei der Dividendenausschüttung weitere Gewinnmaximierungen zu erreichen, gab es für das Unternehmen letztlich nur die Möglichkeit einer weiteren Senkung der Personalkosten. Schon im November 2008 wurde daher bei der Aufsichtsratssitzung mitgeteilt, dass das Strategiepapier 2015 eine Verringerung der Beschäftigten um knapp 900 KollegInnen vorsieht, was nur durch weitere Auslagerungen im Zustellbereich erreicht werden kann. Dank dieser Erpressung konnte dann die Personalkostenverringerung mit dem KV-Neu leicht durchgesetzt werden. Tatsächlich muss aber eine Auslagerung der Zustellung nicht unbedingt weniger kosten, da die Post ja notwendigerweise ihre Infrastruktur dafür zur Verfügung stellen muss. Es gibt halt gute und böse Kosten – insbes. in Hinblick auf den Börsenwert eines Unternehmens. Während Sachkosten gut sind, sind Personalkosten aus der Logik des Kapitals schlecht.
Sehn wir uns den nächsten Absatz der Weihnachtsgeschichte an. Hier heißt es im letzten Satz: "Es zeigt, dass wir uns auch in turbulenten Zeiten auf unsere Mannschaft verlassen und gestärkt in die Zukunft schauen können." Viele von uns kennen die Zustände und Arbeitsbedingungen unserer KollegInnen am Schalter, die dank Personalreduktion unter immer mehr und mehr Druck den KundInnenansturm bewältigen müssen. Hier wird mit der Existenz von Menschen gespielt, indem die KollegInnen gezwungen werden, an und über ihre physischen und psychischen Grenzen zu gehen. Wer kennt nicht die Seuche des "Burn out", die sich zunehmend im Unternehmen breit macht. Auch im Zustellbereich wird den KollegInnen mehr und mehr abverlangt. Personalausfälle können nicht mehr kompensiert werden und angeordnete Überstunden verlängern den Arbeitstag auf oft mehr als 12 Stunden. Sehr passend für das Jahr 2009, dem 200sten Geburtstag von Charles Darwin, der die These der natürlichen Selektion ("der Stärkere setzt sich durch") entwickelte. Denn wie viele KollegInnen können eine derartige Dauerüberausbeutung aushalten und vor allem wie lange? Der "Stärkere, der sich hier durchsetzt" wird immer die Unternehmensführung sein, solange wir uns nicht zusammen schließen – denn ein Finger kann gebrochen werden, nicht aber eine Faust.
Im dritten Absatz sehen wir uns mit einem Statement aus der Paketlogistik konfrontiert. Hier heißt es wörtlich: "Unser Paketgeschäft wurde weiter modernisiert, um dem Kunden einen optimalen Servicemix mit einem hervorragenden Preis-Leistungsverhältnis bieten zu können." Dieser "Servicemix" geht aber zu Lasten der Beschäftigten, wo auch immer diese angestellt sind. Die zusätzlichen Aufgaben brachten nicht etwa mehr Arbeitsplätze, sondern werden mit dem bestehenden Personal und teilweise auch ohne gerechte Abgeltung bewältigt. Selbst in der immer schon enorm arbeitsintensiven Vorweihnachtszeit waren in der Vergangenheit Wochenenddienste ohne Einhaltung der Ruhezeiten nie die Norm. Heute werden von den Beschäftigten im Paketlogistikbereich tagtäglich unbezahlte Überstunden gefordert, um Gier und Profit der KapitalistInnen zu maximieren. Diese permanente Überausbeutung der Arbeitskraft, die Aussaugung ihrer Lebenskraft bringt einzig den AktionärInnen etwas – höheren Profit. Wir Beschäftigte bekommen dafür nichts – außer einer Verringerung der Lebenszeit für uns selbst.
Absatz vier ist eine Lobpreisung der Modernisierung einiger neuer Zustellbasen und der geplanten weiteren Neuerungen. Grundsätzlich sind Investitionen ins Unternehmen zu begrüßen. Jedoch bringen uns diese in der Praxis gar nix, wie wir jeden Tag erleben müssen. Der Ersatz fehlender oder schadhafter Betriebsmittel fällt den rigorosen Sparmaßnahmen der jeweiligen Kostenstellen zum Opfer. So ist es im Zustellbereich kein Einzelfall, dass es sogar an Wagentaschen, Kugelschreibern und den notwendigen Tischen fehlt, wo die Post sortiert werden kann ...
Im fünften Teil der Weihnachtsgeschichte geht es um das Filialnetz. So wie es das Postmarktgesetz vorschreibt, sollen rund 1650 "Geschäftsstellen" im Bundesgebiet vorhanden sein. Beginnt der Absatz noch mit dem Wort Filialnetz, so geht am Ende dessen das Wort "Geschäftsstellen" um. So wird es auch kommen. Mehr und mehr – mit oder ohne Einbindung von BürgermeisterInnen und anderen verantwortlichen PolitikerInnen – werden Postämter durch "PostpartnerInnen" ersetzt werden. So kann einmal mehr beim Personal gespart werden, während der Gewinn steigt. Wenn heute schon manche Filialen nur mehr drei Mal in der Woche jeweils vier Stunden offen haben, dann ist das den NutzerInnen der Post natürlich zu wenig – solche Filialen können nicht rentabel sein. Und sie müssen es auch nicht, geht es doch hier auch um die flächendeckende Grundversorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen. Mit diesem Argument beweist der Vorstand also nur Tatsachen, die er selbst zuvor geschaffen hat – nicht gerade eine heitere Vorweihnachtsgeschichte.
Das letzte Kapitel dieser traurigen Weihnachtsgeschichte soll beweisen, dass es trotz Einschnitten eine sicher Zukunft geben kann, weil das Unternehmen ja eine Strategie hat, die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Einschnitte bei uns Lohnabhängigen und sichere Zukunft bei der Entwicklung der Dividende für die AktionärInnen – so sieht es in Wirklichkeit aus. Wieder einmal zahlen also wir Lohnabhängigen die Zeche für die Gier des Kapitals und die Versäumnisse der PolitikerInnen. In unserer traurigen Weihnachtsgeschichte aus der Feder des Vorstandsquintetts geht es also nicht um die Bedürfnisse der KollegInnen, nicht um Arbeitsplatzsicherung und die dafür erforderliche Entwicklung neuer Geschäftsfelder. Nein. Hier geht es um den Profit, der die Unterordnung der Interessen der Einzelnen unter jene der Dividende erfordert.