Steigender Arbeitsdruck bei der Post: Effizienzpotenzial im Arbeitskampf

Wie hat eine Belegschaftsvertretung zu agieren wenn die Bedingungen der ArbeitnehmerInnen zunehmend gesundheitsgefährdend werden? Wenn physische und psychische Grenzen der Belastbarkeit überschritten sind? Wenn die FunktionärInnen der Belegschaftsvertretung den Anforderungen nicht mehr gewachsen sind?

Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich derzeit eine interfraktionelle Plattform kritischer GewerkschafterInnen und PersonalvertreterInnen der Postgewerkschaft. Konkret geht es um eine Analyse der vergangenen Monate, die in Wien den völligen Zusammenbruch der Zustellung sahen. Es geht hier weniger um Ursachenforschung, sondern mehr um die Vernetzung der betroffenen KollegInnen, die, ob passiv oder aktiv, gelernt haben, sich gegen Verschlechterungen am Arbeitsplatz zu wehren.

Rationalisierung

Unternehmensstrategische Vorgangsweisen definieren im Normalfall einen sensiblen Zeitplan, in dem Planposten aufgelassen werden und deren Arbeit so kostengünstig wie möglich aufteilt. Die Gier der KapitalvertreterInnen setzte diesen recht unpopulär außer Kraft, um doch noch den einen oder anderen Cent an Dividende herauszuquetschen. Konnten wir PostlerInnen früher mit einer Systemisierung (Personalreduktion aufgrund einer Steigerung des Effizienzpotenzials) innerhalb von drei Jahren rechnen, so droht uns nun eine jährliche Aufstockung des Arbeitspensums.

Der Weg über Verhandlungen mit den KapitalvertreterInnen, so der einstimmige Tenor der kritischen PersonalvertreterInnen, ist unter den jetzigen Voraussetzungen auszuschließen. Der Druck, die Emotionen, die eine geschundene Belegschaft als Zutaten brauchen, um Widerstand oder sogar eine Masse in Bewegung zu setzen, sind im Augenblick in der Belegschaft der Österreichischen Post AG vorhanden. Es gilt nun Forderungen zu formulieren, bestehende Resolutionen zu erweitern, KV- Verhandlungen im demokratischen Sinne mit der Belegschaft abzustimmen, und natürlich eine bedingungslose Solidarisierung in die Öffentlichkeit zu tragen.

Widerstand tut not!

Um diesen Kampf zu gewinnen, ist es erforderlich, dass wir endlich beginnen, die Fraktionsgrenzen einzureißen und gemeinsam für die Interessen der KollegInnen zu kämpfen. Absolut notwendig ist es auch, die Basis von Anfang an - beginnend bei der Formulierung der Forderungen, einzubinden, um jedem kleinsten Splitter der ArbeiterInnenbewegung das Gefühl zu geben ein Teil der Idee zu sein. Es gilt die Kommunikationshemmnisse zu überwinden, die die FunktionärInnen nur all zu oft sind. Nicht selten halten diese Information vor den KollegInnen zurück, statt diese weiterzugeben.

Zur Überwindung dieses Problems gilt es dafür zu sorgen, dass die Interessenvertretung in direkter Wahl von den Belegschaften bestimmt wird und auch jederzeit abwählbar ist. Dadurch würden auch der Fraktionszwang, die zentralistische Struktur der GPF und der Personalvertretung sowie die Vorsitzendenhörigkeit überwindbar.

Es muss aber auch Schluss damit sein, dass wir FunktionärInnen so tun, wie wenn wir alles für die KollegInnen richten könnten. Von Anfang an müssen wir die KollegInnen in die Planung und Durchführung von Aktionen zur Verteidigung ihrer Arbeitsbedingungen eingebunden werden. So haben wir am Postamt 1190 in Wien z.B. derzeit gemeinsam beschlossen, keine Überstunden mehr ohne Bezahlung zu machen, auch wenn die Arbeit dann liegen bleibt. In der Praxis sieht das so aus, dass die KollegInnen bei Dienstschluss anrufen und fragen, ob die Überstunden bezahlt werden. Wenn nicht, beenden sie den Dienst sofort. Diese Aktionsform wurde auch von anderen Postämtern übernommen und zielen auf die dringend erforderlichen Personalaufstockungen ab.

Der andauernde Arbeitskampf bei der Post kann derzeit nicht als effektiv bezeichnet werden. Deshalb beginnt gerade erstmalig in der Geschichte der GPF eine bundesweite Vernetzungskampagne, die regionale Betriebs- oder Bezirksgruppen im Bundesgebiet direkt - ohne den Umweg über die Gewerkschaftszentrale - miteinander kommunizieren lässt. Nur über die Stärkung einer solchen Vernetzung wird es möglich sein, unsere Gewerkschaft wieder zu dem Kampforgan zu machen, das wir zur Verteidigung unserer Lebensinteressen brauchen.

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