Urabstimmung zur Postprivatisierung: Blaues Auge für Gewerkschaftsführung

Jetzt steht das Ergebnis der von 4. bis 7. April unter den MitarbeiterInnen der Post AG abgehaltenen Urabstimmung über die Verhandlungsergebnisse, mit denen die Gewerkschaftsführung die Privatisierung des Unternehmens akzeptieren will, fest. 44%-Nein-Stimmen sollten Fritz & Co. zu denken geben.

Im Detail sieht das Ergebnis so aus (Quelle: www.oegb.at):

  • Stimmberechtigte: 25.811 Beschäftigte
  • Abgegebene Stimmen: 15.216 Stimmen oder 59 Prozent der Stimmberechtigten
  • Gültige Stimmen: 14.719
  • Ungültige Stimmen: 497
  • Für die Annahme des Verhandlungsergebnisses: 8235 Stimmen oder 56 Prozent.
  • Gegen die Annahme des Verhandlungsergebnisses: 6484 Stimmen oder 44 Prozent.

Die Führung der Postgewerkschaft interpretiert diese Urabstimmung folgendermaßen: „Damit hat sich die Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Annahme des Verhandlungsergebnisses und somit gegen weitere gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen ausgesprochen. Der Zentralausschuss wird daher das Ergebnis der 22 Verhandlungsrunden unterschreiben und die GPF auffordern die gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen anlässlich des Börseganges einzustellen.

Für Zentralausschussvorsitzenden Gerhard Fritz ist das Urabstimmungsergebnis der deutliche Beweis dafür, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Anstrengungen der Personalvertretung im Zuge der Verhandlungen mehrheitlich positiv bewerten. Die hohe Beteiligung an der erstmals bei der Post stattgefundenen Urabstimmung ist ein klares Bekenntnis zu basisdemokratischen Entscheidungen und eine starke Legitimation für die weitere Vorgehensweise der Personalvertretung.“

Man könnte aber auch sagen: 41% haben es angesichts dieses schwachen Ergebnisses erst gar nicht mehr der Mühe wert gefunden, bei dieser Scheinabstimmung mitzumachen. Es wäre angebracht gewesen, bei Bekanntgabe der Privatisierungspläne durch die Regierung die PostlerInnen abstimmen zu lassen, ob sie Kampfmaßnahmen befürworten und wenn ja welche. In den letzten Monaten hat die Führung der Postgewerkschaft aber trotz eines Streikbeschlusses jeden aktiven Widerstand verhindert. Die beiden Protestaktionen in Wien waren eine reine Farce, zu der die Gewerkschaft in Wirklichkeit nicht mobilisiert hat. Diese Aktionen waren bewusst so angelegt, dass allen PostlerInnen klar sein musste, dass es keinen Kampf geben wird. Warum sollen die normalen Beschäftigten den Kopf hinhalten, wenn die eigene Gewerkschaftsführung sich nicht traut?

Mit 6484 oder 44% Nein-Stimmen und weiteren 497 Stimmen ungültigen Stimmen hat die Gewerkschaftsführung ein deutliches Signal von ihrer Basis erhalten, dass sie in Wirklichkeit gegen die Interessen der Mitglieder gehandelt hat. Dazu kommt, dass viele politisch nicht so bewusste KollegInnen wohl mit „Ja“ gestimmt haben, weil es ohnedies keine ernsthafte Alternative gab. Das Votum zeigt jedenfalls, dass das Verhandlungsergebnis, das man ohne zu kämpfen erhalten hat, nichts ist, auf das die Gewerkschaftsführung stolz zu sein braucht.

„Anlässlich des Börseganges wird es daher keine Streikmaßnahmen geben“, so Gerhard Fritz, Vorsitzender des Zentralausschusses und Vorsitzender der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten, der sich jetzt wieder entspannt zurücklehnen kann. „Die Personalvertretung werde jedoch die Vorgänge rund um den Börsegang weiterhin sehr genau beobachten.“ Aber wir können uns sicher sein, dass Kollege Fritz auch in Zukunft nur Kampfmaßnahmen einläuten wird, wenn er nicht mehr anders kann, weil ihm die Basis Feuer unterm Hintern macht.

Dieses Abstimmungsergebnis zeigt welches Protestpotential es bei der Post gegeben hat bzw. gibt. Es wird in der kommenden Phase die Aufgabe der kämpferischsten PersonalvertreterInnen sein, daraus die nötigen Schlüsse zu ziehen. Jetzt müssen wir an den Aufbau einer kämpferischen Gewerkschaftslinken gehen. Eine zentrale Forderung muss die nach echter Gewerkschaftsdemokratie sein. Außerdem gilt es ein Programm zu erarbeiten, mit dem die Interessen der Beschäftigten in Zukunft verteidigt werden können. Denn eines ist gewiss: Angriffe auf die sozialen Rechte der PostlerInnen werden kommen wie das Amen im Gebet.

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