Uni-Lehrende: Under Pressure

Von der aktuellen Situation der Unis ähnlich betroffen wie Studierende sind die Lehrenden. Die mit der Besetzung des Audimax am 22. Oktober in Gang gekommenen Proteste richteten sich von Beginn an nicht allein gegen die Studienbedingungen im engeren Sinne. Sie brachten darüber hinaus die Situation universitärer Bildung insgesamt aufs Tapet. Neben den Studierenden ist von dieser im gleichem Maße (aber nicht immer in gleicher Weise) der zweite zentrale Akteur des tertiären Bildungssektors betroffen: die Lehrenden und Forschenden.

Folgerichtig haben an der Universität Wien bis dato hunderte Lehrende ihre Solidarität mit den Studierendenprotesten erklärt, haben alternative Lehrveranstaltungen angeboten oder in ihren eigenen Lehrveranstaltungen Diskussionen über die derzeitige Situation angestoßen. Bis Montag 2.11. haben an der Universität Wien zudem bereits drei Versammlungen von Lehrenden und Forschenden mit jeweils 150 TeilnehmerInnen stattgefunden.

Auf diesen Versammlungen zeigte sich zunächst, wie heterogen die Gruppe der Lehrenden/Forschenden heute ist: Sie reicht von ProjektmitarbeiterInnen und LektorInnen (früher"externe LektorInnen") über AssistentInnen in Ausbildung hin zu verbeamteten ProfessorInnen "alten Rechts" und ihren privatangestellten KollegInnen "neuen Rechts". Dementsprechend unterschiedlich können die jeweiligen konkreten Forderungen ausfallen. Zugleich wurde deutlich, in welchem Maße Lehrende insgesamt und in ähnlicher Weise vom doppelten Prozess "Bologna" und "Ökonomisierung" betroffen sind. Aus dieser schwierig zu überblickenden Gemengelage aus allgemeinen Trends und spezifischen Interessenskonstellationen lassen sich insbesondere zwei große Anliegen gruppieren: Das erste berührt die Tatsache, dass Lehrende Arbeitende sind. Die größte Gruppen der Lehrenden, die LektorInnen (von denen es an der Uni 2.000 gibt) arbeitet unter durchwegs prekären Bedingungen, d. h. befristet und schlecht bezahlt. Die Vergütung für LektorInnen ist meist so gering, dass erst mit 6 Stunden Lehrverpflichtung eine Existenz an der Armutsgrenze möglich wird. Von den öffentlich proklamierten Schlagworten "Nachwuchs-" und "Forschungsförderung" können sich die große Mehrzahl der Lehrenden an Österreichs Universitäten daher nur wenig kaufen.

Das zweite Anliegen erwächst aus der Tatsache, dass die versprochene "Autonomie" für die Universitäten nicht selbstbestimmte Gestaltung durch die Beteiligten mit sich brachte. Lehrende sehen sich im Gegenteil als funktionalisierte Rädchen in einem betriebsstraff geführten Unternehmen. Sie sollen eine zu geringe Zahl von Studienplätzen bewirtschaften, statt Bildung vermitteln.

Beginn einer umfassenden Demokratisierung und Ende der Prekarisierung, darum kreisen die zentralen Anliegen der Lehrenden und Forschenden. Der über Solidaritätsbekundungen hinausgehende gemeinsame Protest aller an universitärer Bildung Beteiligten ist damit gleichermaßen möglich wie notwendig.

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