Starke Leistung, schwaches Ergebnis

Entschlossene Proteste wiesen anderen Berufsgruppen den Weg. Kurz vorm Ziel machte die GÖD-Führung Zugeständnisse

Als Bildungsministerin Claudia Schmied im Zuge der Budgetverhandlungen eine letztlich zehnprozentige Arbeitszeitverlängerung für LehrerInnen androhte, war der Aufschrei unter den Betroffenen berechtigterweise groß. Bildungspolitische Fragen wurden in diesem Zusammenhang erst gar nicht gestellt. Einzig der "Solidarbeitrag der LehrerInnen" zur Behebung der Krise wurde ins Treffen geführt. Letztlich zählt also auch beim wichtigsten Gut Bildung nur das Geld, sonst aber nichts.

Mittlerweile wurde aber ein Kompromiss zwischen Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) und der Regierung erzielt. Die Ergebnisse sind schnell zusammen gefasst. Die Arbeitszeitverlängerung ist vom Tisch. Dafür verzichten die LehrerInnen auf eine Reihe von Zulagen, die nicht unbedeutend Teile ihres Gesamteinkommens ausmachen. Darüber hinaus müssen LehrerInnen in Zukunft doppelt so oft vertretungsweise für kranke bzw. abwesende KollegInnen unterrichten (supplieren), es werden die schulautonomen Tage gestrichen, es wird ein Altersteilzeitmodell eingeführt und die VertragslehrerInnen werden in Zukunft unbefristet angestellt.

Zwiespältig

Die Bilanz des Verhandlungsergebnisses können wir nur mit gemischten Gefühlen betrachten. Dass nun keine Arbeitszeitverlängerung kommen wird, ist unzweifelhaft als Erfolg zu werten. Ein Erfolg, der sicherlich nur möglich wurde, weil sich die LehrerInnen unzweideutig kampfbereit gezeigt haben und die Gewerkschaft mit der Vorbereitung eines Streik- und Protesttags eine mächtige Drohkulisse aufgebaut hatte.

In Anbetracht der Verschlechterungen, die derzeit auf viele Gruppen von Lohnabhängigen zukommen, haben die LehrerInnen anderen Fachgewerkschaften gezeigt, wie wir mit Angriffen auf unseren Lebensstandard umgehen sollten. Denken wir nur an die Lohnkämpfe im IT-Bereich, bei den DruckerInnen, den Chemie- und TextilarbeiterInnen. Hätten die zuständigen Gewerkschaften in diesen Bereichen eine ähnlich harte Linie gefahren wie die GÖD, dann wären diese Konflikte wohl schon mit einem Erfolg für die Beschäftigten beendet geworden und hätten damit auch die Gewerkschaftsbewegung insgesamt gestärkt. Dass gerade die GÖD immer wieder zu Kampfmaßnahmen greift, ist nicht die Folge davon, dass Neugebauer, Riegler&Co plötzlich zu wilden KlassenkämpferInnen mutiert wären. Vielmehr ist dies der Tatsache geschuldet, dass es an der Basis massiven Unmut der KollegInnen gegeben hat. Bei den Dienststellenversammlungen vor Ostern zeigte sich die überwältigende Mehrheit von oft bis zu 100% streikbereit.

In der GÖD gibt es wie bei allen anderen Gewerkschaften den Widerspruch zwischen der Gewerkschaftsspitze, welche auf am Verhandlungstisch ausgemauschelte Kompromisse mit dem Kapital setzt, und einer Basis, die spätestens dann zum Kämpfen bereit ist, wenn es um ihre Arbeits- und Lebensbedingungen geht. Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass es auch innerhalb der GÖD eine gar nicht so kleine Linke gibt, die wiederum insbesondere unter den LehrerInnen über eine gewisse Verankerung verfügt.

Die GÖD-Führung hat letztlich aber die Sparlogik der Großen Koalition akzeptiert und sich bereit erklärt, einen "Solidarbetrag" für die Krise zu zahlen. Deshalb beinhaltet die Einigung mit der Regierung auch Maßnahmen, welche die KollegInnen in den Schulen individuell betreffen (Supplierstunden, Zulagen) und die als Verschlechterungen bewertet werden können. Ob diesem Kompromiss in einer Urabstimmung aller LehrerInnen zugestimmt worden wäre, darf zumindest bezweifelt werden. Das Altersteilzeitmodell ist sicherlich für viele KollegInnen attraktiv, da es bisher für Bundesbedienstete kaum möglich war, vor dem 65. Lebensjahr in den Ruhestand zu gehen. Dass die vertragsbediensteten LehrerInnen nun alle unbefristet beschäftigt werden, ist zumindest aus der Perspektive der Arbeitsplatzsicherheit positiv zu bewerten. Gleichzeitig sind damit gewisse finanzielle Einbußen verbunden, was wir nicht gut heißen können.

Ob und wann der jetzige Kompromiss für die LehrerInnen zu den nächsten Angriffen führt, wird aber erst die Zukunft weisen. Der größte finanzielle Brocken, bei der Umsetzung des Kompromisses ist nämlich ein reiner Budgettrick. Die Schulverwaltung muss die Mieten für jene Schulgebäude, welche sich im Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) befinden, erst in zwei Jahren zahlen. Wo dann das Geld dafür herkommen soll, steht in den Sternen. Ein wesentlicher Teil der Vereinbarung sieht daher auch vor, dass die Verhandlungen über ein neues Dienstrecht zwei Tage nach dem Kompromiss beginnen sollen. Wir können davon ausgehen, dass sich die Regierung unter neuem Dienstrecht vor allem billigere LehrerInnen vorstellt.

Gleichzeitig zeigt der genannte Budgettrick auch die Perversion unseres Systems auf. Die Schulgebäude gehören über die BIG der öffentlichen Hand, werden aber nicht vom Bildungs-, sondern vom Infrastrukturministerium verwaltet. Damit alles schön nach einer kapitalistischen Logik abläuft, muss aber schön brav Miete dafür gezahlt werden; nämlich vom Bildungsministerium.

Ein zentraler Vorwurf an die GÖD lautete, dass sie mit der Androhung eines Streiks auch die von Ministerin Schmied geplanten Reformen im Schulsystem verhindern wolle. Welche Ziele verfolgt Schmied mit ihrer Bildungsreform? In einem Kommentar im Standard schreibt sie: "Meine Reformpolitik hat die Zukunftschancen unserer Kinder, die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft zum Ziel." Sie setzt dabei auf eine verstärkte Schulautonomie und Qualitätsmanagement, was eindeutig darauf hinaus läuft, dass die Institution Schule auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausgerichtet werden soll. Nicht zufällig meint Schmied auch, dass das Papier der Industriellenvereinigung "Bildung 2020" und andere "Expertenberichte" nun endlich zur Umsetzung gelangen müssten.

Dass die ehemalige Bankerin Schmied immer in kapitalistischen Kategorien denkt, weiß jedeR, der/die ihre Aussagen in den Massenmedien verfolgt. Von sozialdemokratischen Werten hingegen konnten wir von dieser Dame noch nichts vernehmen. Damit ist auch klar, dass die nächsten Angriffe auf die LehrerInnen unmittelbar bevorstehen. Die genaue Form dieser Angriffe kann heute noch nicht mit Sicherheit abgesehen werden. Die Debatte um die Arbeitszeit bei LehrerInnen ist aber sicherlich noch nicht vom Tisch, auch wenn sie vielleicht eine andere Form annehmen wird. Und mit den Erfolgen der Regierung im Namen des Kapitals bei den mit den Lehrer-Innen erzielten Vereinbarungen, ist zumindest schon ein Zeh für die Diskussion um die Verlängerung der Arbeitszeit bei anderen Berufsgruppen in der Türe.

Daher müssen sich die KollegInnen in den Schulen heute bereits auf die nächsten Angriffe vorbereiten. Die GÖD-Führung hat trotz ihrer Verbalradikalität bewiesen, dass sie treuer Diener ihrer Herren in der ÖVP-Zentrale ist. Sollen die nächsten Angriffe daher erfolgreich abgewehrt werden, müssen heute die Voraussetzungen für einen Kampf durch die Basis geschaffen werden. Dazu gilt es jetzt sofort damit zu beginnen, an möglichst allen Schulen Basis- bzw. Aktionskomitees zu gründen, welche die erforderlichen Kampfmaßnahmen bei den nächsten Attacken im demokratischen Auftrag der KollegInnen österreichweit vernetzt selbst durchführen.

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