Betriebsalltag in Zeiten der Krise: 5% Lohnverzicht – ganz 'freiwillig'?

Unsere Firma verkauft, installiert und wartet Systeme für Rechenzentren und größere Serverräume; zusätzlich verkauft sie einiges an Software und Dienstleistungen. Das Jahr 2008 war ein historisches Rekordjahr; seit dem ersten und zweiten Quartal dieses Jahres geht der Umsatz zurück, die Firma bleibt aber deutlich profitabel.

Das reicht aber scheinbar nicht, und so hatte die Unternehmensleitung in den USA flugs die praktische Idee parat, weltweit die Lohnkosten um 5% zurückzufahren. Den KollegInnen in Übersee wurde diese Kürzung nicht nur gleich verpasst, auch die extra Pensionsvorsorge wurde auf Null zurückgefahren. Im ewig alten Kontinent geht das leider nicht ganz so elegant, hier muss der Umweg über „freiwilligen Lohnverzicht“ gegangen werden, und diesen nahm die österreichische Niederlassung wie folgt.

Zuerst besprach sich der Österreich-Chef mit der Personalchefin und einigen FachanwältInnen: Arbeitsrecht, Vertragsrecht, sogar einer für Datenschutz wurde kontaktiert. Nach über einem Monat juristischer Löchersucherei war der perfekte Weg gefunden; nun wurden den Angestellten zehn Tage Zeit gegeben, um zwischen Verkündigung (europaweit aufeinander abgestimmt) und "Willensbekundung" mittels einer internen Homepage zuzustimmen.

In einem Treffen der Belegschaft mit dem Management sprach der Geschäftsführer einiges laut aus, was er für wertvoll erachtete: er sei verärgert über die LehrerInnen, die es nicht schaffen würden, zwei Wochenstunden anders zu arbeiten als bisher, also sei es nur gerecht wenn er jetzt 5% Lohn einspare. Dass höhere Einkommen weniger von der 5% Kürzung betroffen seien als niedrigere, wisse er auch.

Laut internen (kaum überprüfbaren) E-Mails stimmten europaweit 80% der Angestellten dem Lohnverzicht zu, in Frankreich nur 1,5% (kein Wunder, dass dieses aus der Statistik genommen wurde). Es bleiben Fragen offen:

  • War dieser Einschnitt wirtschaftlich notwendig oder aufgrund der Krise zu diesem Zeitpunkt einfach nur simpel umzusetzen?
  • Warum soll ich einsparen, weil ein um einiges besser verdienender Geschäftsführer über die LehrerInnen verärgert ist?
  • Wie wäre diese ganze Geschichte mit einem Betriebsrat gelaufen?
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