Buchbesprechung: "Betriebsbesetzungen als wirksame Waffe im gewerkschaftlichen Kampf" von Rainer Thomann

"Unser Leben zählt mehr als eure Profite" – dieses Spruchband über den besetzten Officine in Bellinzona (Schweiz) ist zugleich eine gute Zusammenfassung des Buches. Eindrucksvoll schildert Thomann verschiedene Arbeitskämpfe im Herzen Europas und schafft ein leidenschaftliches Plädoyer für Betriebsbesetzungen – gerade in Zeiten der Krise, in der Demonstrationen und Streiks nicht immer wirksame gewerkschaftliche Waffen sind. Sehr emotional wird die Situation der Lohnabhängigen beschrieben, etwa wenn sie im Fall der INSSE (Italien) per Telegramm über die Schließung des Werkes benachrichtigt werden. Die Beherztheit und Fantasie der Kämpfenden zieht die/den LeserIn immer wieder in den Bann und zeigt zudem auf, dass es Wege und Mittel gibt, sich zu wehren.

Anhand erfolgreicher Beispiele (Bellinzona, INNSE) werden Bedingungen für einen Sieg herausgearbeitet: Die Betriebsgruppen und deren jahrelange Vorarbeit, basisdemokratische Strukturen während der Auseinandersetzung und die alleinige Entscheidungsmacht bei der Belegschaft sowie eine klare Bereitschaft, für den Erhalt des Werkes zu kämpfen. Hier findet sich auch eine (leider zu kurz gegriffene) Kritik an Teilen der Gewerkschaften, die Verhandlungen über einen Sozialplan als "machbares Ziel" in den Vordergrund stellen und somit Schließungen und Massenentlassungen akzeptieren. Nicht umsonst verlangte das Bellinzona-Streikkomittee von der Gewerkschaft UNIA, während der Besetzung über keine Sozialpläne zu verhandeln. Eine Lektüre, die ans Herz geht und hoffentlich auch ihren Weg in die Köpfe der Gewerkschaftsbewegung findet!

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