Griechenland: Streik gegen Sparpläne

In Anbetracht des sozialen Kahlschlags zur Sanierung des maroden Budgets kommt es zu Massenprotesten. Letztes Jahr waren es Banken, jetzt sind es ganze Staaten. Die Wirtschaftskrise, die sich gegen Ende des letzten Jahres beruhigt zu haben schien, ist mit den drohenden Staatspleiten wieder voll im Gange.

Der Kapitalismus steckt in ganz Europa in einer ernsthaften Situation. Der drohende Staatsbankrott in Griechenland könnte eine Welle weiterer Staatspleiten in der EU (Italien, Spanien, Portugal) auslösen. Die Regierungen dieser Länder müssen "den Märkten" versichern, dass sie fähig und willig sind, ihre Schulden zurückzuzahlen. Aber so eine Politik ist eine vorprogrammierte Katastrophe für Ökonomien, die immer noch in einer Rezession gefangen sind und eine steigende Arbeitslosigkeit verzeichnen.

Die Bourgeoisie findet sich in einem unlösbaren Dilemma gefangen. Sie kennen nur eine Lösung für die riesigen Defizite, die durch die Rettungsschirme für das kapitalistische System verursacht wurden: eine Politik von brutalen Kürzungen, einem Sparkurs und Konter-Reformen für eine ganze Generation. Aber so eine Politik wird auf den Widerstand der ArbeiterInnenklasse stoßen. Griechenland zeigt genau das. Heutzutage erachten es ArbeiterInnen in vielen Ländern als normal und als ein automatisches Recht, dass sie, wenn sie mit 60 oder 65 zu arbeiten aufhören, etwas Geld vom Staat bekommen. Aber im Kapitalismus ist das nicht normal und auch kein automatisches Recht. Manche reden sogar davon, staatliche Pensionen überhaupt abzuschaffen; auf lange Sicht wird das auch auf die Tagesordnung kommen, wenn die SozialabbauerInnen nicht von einer Bewegung der ArbeiterInnen besiegt werden. Sie werden damit anfangen, die Lage durch Maßnahmen wie die Erhöhung des Pensionseintrittsalters zu testen.

Was nun?

Die höchsten Amtsträger der EU forderten Griechenland dazu auf, seine Lohnkosten zu senken, die Pensionsreform voranzutreiben und 10% der Ausgaben einzusparen, um sich aus der derzeitigen misslichen Lage zu befreien. Der griechische Premierminister Papandreou setzt auf einen nationalen Schulterschluss mit der konservativen Opposition in der Hoffnung auf stabile Verhältnisse. Aber die Aussicht von drei Jahren ökonomischer Entbehrungen ist ein vollendetes Rezept für eine Explosion der Klassenkämpfe in Griechenland.

Die herrschende Klasse und die EU üben gewaltigen Druck auf die Führung der PASOK aus, welche mit der Ausrede von Schulden und Defizit versuchen wird, ein hartes Sparprogramm durchzudrücken. Das provoziert eine starke Reaktion aus der ArbeiterInnenklasse, die für die PASOK gestimmt hat und jetzt in einen Kampf zur Erhaltung ihres Lebensstandards eintritt.

"The Economist" schreibt: "Es ist immer noch eine Frage, wie lange die Bereitschaft [Steuererhöhungen zu akzeptieren] anhalten wird, während die GriechInnen mit immer höheren Kosten der Rezession konfrontiert sind. Die Banken haben die Kreditvergabe an KonsumentInnen und Kleinunternehmen eingefroren. In so einer Situation könnte das Gefühl der nervösen Beklemmung einer aufkochenden Unmut weichen."

Und der Artikel fährt fort: "[...Papandreou] bewegt sich auf einem Drahtseil. In einem Land, das Europas schwerste Unruhen der letzten Zeit vor gerade mal einem Jahr erlebte, ist der soziale Friede fragil. Aber die größte Gefahr geht von Randgruppen aus, etwa Ultralinken und desillusionierten Jugendlichen, nicht von den etablierten Gewerkschaften oder Parteien." ("The Economist", 12. Februar 2010) Diese Äußerungen sind auf jedes Land in Europa zu übertragen. Griechenland ist nur insofern ein Spezialfall, als es eines von mehreren schwachen Gliedern des europäischen Kapitalismus ist. Aber in allen Ländern Europas unterstützen die bürgerlichen Parteien Einschnitte in den Lebensstandard der ArbeiterInnen "um die Krise zu bewältigen" und die reformistischen ParteiführerInnen fügen sich gehorsam – manche widerwillig (Zapatero), manche begeistert (Brown). Die Lohnabhängigen werden nicht ruhig dabei zusehen, wie alle ihre Errungenschaften der letzten 50 Jahre mit einem Federstrich abgeschafft werden.

Wir sehen daher bereits heute den Beginn einer großen sozialen Bewegung in Griechenland. In der nächsten Zeit wird sich eine vergleichbare Entwicklung mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem europäischen Land nach dem anderen wiederholen.

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