Guadeloupe & Martinique: Solidarität mit den Streikenden! Nein zur Repression!

Die Generalstreiks, die derzeit Guadeloupe und Martinique lahm legen, rufen Enthusiasmus und Solidarität bei Millionen von ArbeiterInnen des französischen Festlandes hervor. Die Streikenden aus den Überseegebieten geben damit allen Lohnabhängigen Frankreichs ein wunderbares Beispiel an Kampfgeist. Durch die soziale Verbitterung, die in ganz Frankreich unerbittlich steigt, dringt die Lehre dieser Kämpfe schnell ins Bewusstsein von Millionen: im aktuellen Kontext kann das Recht auf ein anständiges Leben, das mit einem angemessenen Lohn beginnt, nur durch eine starke und unbefristete Streikbewegung erzwungen werden.

In der Tat haben die Generalstreiks auf Guadeloupe und Martinique bisher noch keine Erfolge erzielt. Aber dieser Umstand zeigt lediglich, dass die herrschende Klasse und die rechte Regierung nichts aufgrund von 24-Stunden-Aktionstagen verschenken werden, selbst wenn diese massive Mobilisierungen so wie am 29. Jänner 2009 erreichen. Nebenbei bemerkt geht es der Rechten und den KapitalistInnen genau darum, zu verhindern, dass die Massenproteste auf das Festland übergreifen, wenn sie sich beharrlich weigern, auf die legitimen Forderungen der Streikenden einzugehen. Präsident Sarkozy will ihnen eine Niederlage zufügen, um damit auch alle anderen ArbeiterInnen zu entmutigen, dem Beispiel der Aufständischen zu folgen: "Stürzt euch nicht in einen solchen Kampf, denn ihr werdet besiegt werden. Wählt stattdessen den friedlichen Weg der Verständigung."

Das war bis zum jetzigen Zeitpunkt die Strategie von Sarkozy und den MultimillionärInnen, die die Wirtschaft des Landes sowohl auf dem Festland als auch auf Übersee kontrollieren. Für die KapitalistInnen ist das jedoch ein Spiel mit dem Feuer. Der Streik, weit davon entfernt abzuflauen, breitet sich weiter aus. Nach Martinique und Guadeloupe braut sich jetzt auch in Französisch-Guayana eine Bewegung zusammen. Dasselbe Szenario spielt sich auf Reunion ab; die Gewerkschaften haben hier einen Generalstreik angekündigt, der am 5. März 2009 beginnen soll; an diesem Tag werden auch die Krankenhausangestellten des ganzen Landes im Streik sein. Auch unter den StudentInnen und ProfessorInnen ist die Mobilisierung extrem hoch. Wie wir sehen, ebben die Vorbildwirkung und die Radikalisierung nicht ab – ganz im Gegenteil! Jeder Tag, der vergeht, hievt die Streikenden aus den Überseeregionen ein wenig mehr in die Position eines Sprachrohrs und eines Vorbilds für alle ArbeiterInnen des Landes, die unter den selben Problemen und der selben Ausbeutung leiden.
Hinter der Fassade aus aufgesetzter Selbstsicherheit und den Aufforderungen zum Gespräch macht sich in der Regierung und den Spitzen der Gesellschaft eine zunehmende Nervosität breit. In diesem Kontext zweifelt niemand daran, dass die BeraterInnen Sarkozys dazu raten, das Problem durch Repressionen zu lösen. Dass sie "unter den nötigen Umständen" dazu bereit sind, Blut fließen zu lassen, haben sie in der Vergangenheit schon wiederholt bewiesen. So zum Beispiel während der Revolte von 1967 auf Guadeloupe, wo es nach offiziellen Angaben 87 Tote gab – in Wirklichkeit aber noch viel mehr. Die herrschende Klasse Frankreichs kann auf eine lange Tradition von brutalen Niederschlagungen zurückblicken, und sie wird auch heute und in Zukunft nicht zögern, darauf zurückzugreifen, wenn es darum geht, ihre Interessen zu verteidigen. Seit dem Beginn des Streiks auf Guadeloupe wurde das Polizei- und Militäraufgebot deutlich erhöht. Auch auf Martinique gehen die Ordnungskräfte in Position. Ihre oberste Aufgabe ist es, die Streikenden einzuschüchtern und zu belästigen. Schon jetzt ist es zu äußerst aggressiven Interventionen der Polizei bei Straßensperren der Protestierenden gekommen.

Auch dieses Mal ist es daher nicht ausgeschlossen, dass die Regierung in Versuchung gerät, diese Generalstreiks mit einem großen Schlag gewaltsam zu beenden. Wir sollten uns hüten, diese Gefahr auf die leichte Schulter zu nehmen. In dieser Situation müssen die Gewerkschaften und die linken Parteien ihr ganzes Gewicht in die Waagschale werfen, um die Streikenden zu unterstützen und Repressionen zu verhindern. Sie könnten zum Beispiel öffentlich ankündigen, dass sie im Falle von Repressionen gegen die ArbeiterInnen von Guadeloupe oder Martinique augenblicklich einen 24-stündigen Generalstreik auf dem Festland organisieren werden. Eine solche Warnung würde sowohl die Streikenden zum Weiterkämpfen ermutigen, als auch gleichzeitig den BefürworterInnen eines Gewaltstreichs im Umkreis von Sarkozy zu denken geben. Vergessen wir nicht, dass auch die Revolution von 1968 in Frankreich am 13. Mai des genannten Jahres mit einem 24-stündigen Generalstreik begonnen hat, der aus Protest gegen die brutalen Repressionen gegen die StudentInnen am 10. Mai 1968 beschlossen worden war.

Die ArbeiterInnenbewegung Frankreichs muss ihre Solidaritätsbekundungen mit den ArbeiterInnen aus Übersee massiv ausweiten. Im Endeffekt sind Druckausübung und Solidarität auf landesweiter Ebene die stärksten Waffen der Gewerkschaftsbewegung und die beste Garantie für den Sieg der kämpfenden KollegInnen in den Überseegebieten. Wir müssen uns außerdem darauf vorbereiten, ihrem Beispiel zu folgen. Denn dadurch werden wir nicht nur ihren Sieg sichern, sondern denjenigen aller Unterdrückten des Kapitalismus auf beiden Seiten des Atlantiks!

Die Generalversammlung der StudentInnen von Nanterre (Paris X) hat am 17.02.2009 die folgende Resolution beschlossen, welche vorbildlich zum Ausdruck bringt, wie aktive Solidarität mit den kämpfenden KollegInnen in den französischen Überseegebieten geübt werden kann. Diese lautet:

Solidarität mit den ArbeiterInnen der französischen Überseeregionen

Wir, die versammelte Studentenschaft von Paris X, bekunden unsere Solidarität mit dem Kampf der Jugendlichen und der ArbeiterInnen der Überseeregionen für menschenwürdige Lebensbedingungen. Die Generalstreiks auf Guadeloupe und auf Martinique sind eine großartige Inspiration für die Jugend und die Lohnabhängigen des Festlands.

Wir fordern, dass alle Ansprüche der Streikenden erfüllt werden, allen voran die Forderung nach einer Erhöhung der Löhne, die dem enormen Fall der Kaufkraft in den letzten Jahren Rechnung trägt. Wir verurteilen aufs Schärfste die Einschüchterungen und Provokationen durch die Polizei, denen die Streikenden ausgesetzt sind. Es ist uns bewusst, dass die Regierung Sarkozy versucht sein könnte, dieser Bewegung durch Gewalt ein Ende zu setzen, so wie es auch frühere Regierungen gemacht haben. Wenn die Regierung eine Strategie der Repression wählt, sollten die gewerkschaftlichen Organisationen in Frankreich unverzüglich einen 24-stündigen Protestgeneralstreik organisieren.

Außerdem appellieren wir an alle StudentInnen, ProfessorInnen und übrigen Beschäftigten im universitären Bereich, die sich gerade im Kampf befinden, ihre Solidarität mit den Streikenden von Guadeloupe und Martinique kundzutun. Ihr Kampf ist unser Kampf! Ihr Sieg wird unser Sieg sein!

Übersetzung: Anna Götsch

 

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