"... zahlt die Krise selber!"

Interview mit Barbara Areal (Redaktion El Militante)

Spanien gehört in Europa zu den Ländern, die bisher am stärksten von der Krise betroffen sind. Wie reagiert ihr darauf?

Die sozialdemokratische Regierung versucht, diese Krise im Interesse des Kapitals zu verwalten, wie das Bankenrettungspaket gezeigt hat. In Spanien herrscht angesichts der Auswirkungen der Krise eine Stimmung vor, die jederzeit zu einem Generalstreik führen könnte. In bürgerlichen Medien war mehrfach die Befürchtung vor einer sozialen Explosion wie in Griechenland zu lesen. Ein Kommentator erinnerte sogar an die massiven SchülerInnenproteste aus den Jahren 1986/7, in denen die SchülerInnengewerkschaft Sindicato de Estudiantes SE) zu einer Massenorganisation wurde.

Du warst selbst von 1994-97 Vorsitzende der SE. Die SE hat im Herbst 2009 eine Reihe von Protesten organisiert. Kannst du uns über diese Bewegung etwas erzählen?

Die SE hat am 22.10. und am 13.11.2009 landesweit Streiks an Schulen und Universitäten organisiert. Dabei haben die GenossInnen ihre konkreten Forderungen im Bildungsbereich, z.B. Nein zum Bologna-Prozess, mit der Frage der generellen Wirtschaftskrise in Verbindung gebracht. Ihr Motto lautete "Die KapitalistInnen sollen ihre Krise selber zahlen!" Die SE ging massiv gestärkt aus dieser Bewegung hervor. Im Zuge der Mobilisierungen traten 2.450 SchülerInnen und StudentInnen der SE neu bei.

Die SE hat sich in Spanien auch in den Gewerkschaften einen guten Namen gemacht, weil sie sich regelmäßig mit Arbeitskämpfen solidarisch zeigt.

Ja, die SE sieht in der Schaffung einer Einheitsfront mit den Gewerkschaften und kämpfenden Belegschaften eine ihrer Hauptaufgaben. Wir machen einerseits Angebote an die Führungen der Gewerkschaften, den Kampf gemeinsam zu führen. Andererseits gehen wir direkt zu den Betrieben und bieten dort unsere Solidarität an, wie z.B. bei Nissan.

Wie hat eure Gewerkschaftsarbeit im letzten halben Jahr ausgesehen?

Unser Hauptaugenmerk liegt bei direkten Interventionen vor Betrieben, v.a. dort, wo es Arbeitskämpfe gibt. Unsere wichtigste Forderung ist, dass wir diese Kämpfe vernetzen und gemeinsam führen müssen. Durch die Krise kommt es derzeit in ganz Spanien zu Entlassungen. In vielen Betrieben gibt es dagegen - meist isolierten - Widerstand. Die Antwort der Gewerkschaften muss eine große Demo gegen Stellenabbau sein.

Bemerkenswert ist, dass wir in den letzten Monaten mit vielen jungen ArbeiterInnen in Kontakt gekommen sind, die unter dem Eindruck der Krise zum ersten Mal gewerkschaftlich aktiv werden. Z.B. konnten wir bei einem Zulieferbetrieb der Modekette ZARA 30 junge ArbeiterInnen organisieren.

Was wir leider auch sehen, ist eine verstärkte Repression gegen kämpferische GewerkschafterInnen. Im letzten Jahr wurden drei unserer GenossInnen aufgrund ihrer Betriebsratstätigkeit suspendiert. Die Bosse haben offensichtlich Angst vor einer kämpferischen und selbstbewussten Belegschaftsvertretung. Den Betriebsrat los zu werden, sehen sie als Voraussetzung für einen Generalangriff auf die Belegschaft. In all diesen Fällen haben wir gesehen, dass schon ein, zwei GenossInnen einen Unterschied machen und zum Referenzpunkt für viele andere KollegInnen werden können. Dies umso mehr, weil die offizielle Gewerkschaftsführung diesen Angriffen tatenlos zusieht und die Hände in den Schoß legt.

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