Türkei: Solidaritätskampagne gegen drohende langjährige Haftstrafen für GewerkschafterInnen

Die türkische Regierung hat Anklagen gegen 111 Gewerkschaftsführer, -mitglieder und –anhänger im Zusammenhang mit einer Demonstration in Ankara im Jahr 2010 erhoben, die mit Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren geahndet werden. Die Aktion in Ankara wurde zur Unterstützung von 12.000 Arbeitern und Arbeiterinnen durchgeführt, die nach der Privatisierung des staatlichen Tabakmonopols TEKEL über Nacht freigesetzt worden waren.

Nach dem Verkauf der Tabakherstellungsaktivitäten von TEKEL an BAT (British American Tabaco) im Februar 2008 behielt der Staat die Kontrolle über die 40 Lager, wo roher und halbverarbeiteter Tabak eingelagert wurde. Die der IUL angeschlossene TEKGIDA-IS, die die Belegschaft von TEKEL vertritt, bemühte sich ständig um Verhandlungen mit der Regierung über die Zukunft der 12.000 LagerarbeiterInnen, denen nur unsichere Verträge mit der Hälfte ihrer früheren Löhne und keine Rechte oder Leistungen angeboten wurden. Im Dezember 2009 wurde ihr Arbeitsverhältnis abrupt beendet.

Dreimonatige gewerkschaftliche Proteste blieben ergebnislos, als Zeichen ihres guten Willens stellte die Gewerkschaft die öffentlichen Aktionen jedoch ein und wartete auf eine Reaktion auf ihre Forderungen nach einem neuen Arbeitsverhältnis mit erworbenen Rechten – wie dies nach türkischem Recht vorgeschrieben ist.

Da die Regierung kein konkretes Angebot vorlegte, demonstrierten TEKGIDA-IS und ihre zahlreichen Anhänger am 1. April in Ankara erneut. Sie wurden geschlagen und mit Pfefferspray besprüht – und jetzt droht ihnen Gefängnis.

Zu den vom Staatsanwalt von Ankara Angeklagten gehören der TEKGIDA-IS-Vorsitzende Mustafa Turkel sowie 4 weitere nationale Funktionäre und zwölf Ortsgruppenvorsitzende, der jetzige und der ehemalige Leiter der nationalen Zentrale DISK, zwei ehemalige Führer des Gewerkschaftsbunds für den öffentlichen Sektor KESK und weitere bekannte gewerkschaftliche und soziale Aktivisten. Die Gerichtsverhandlung soll am 3. Juni beginnen.

Mit den Anklagen soll die ArbeiterInnenbewegung in der Türkei gelähmt werden, indem Protestaktionen zur Verteidigung von Beschäftigungs- und Sozialrechten kriminalisiert werden. Die Organisierungs- und Verhandlungsrechte werden durch das türkische Arbeitsrecht bereits erheblich eingeschränkt. Wenn man diesen lächerlichen Anklagen ihren Lauf liesse und es zu einem Gerichtsverfahren käme, dann wäre dies ein schwerer Rückschlag für die laufenden Bemühungen im In- und Ausland, das Arbeitsbeziehungssystem der Türkei mit den internationalen Übereinkommen in Einklang zu bringen.

Wir fordern daher alle GewerkschaftsanhängerInnen auf, bei der türkischen Regierung gegen diese Anklagen zu protestieren und zu verlangen, dass alle Anklagen unverzüglich und bedingungslos zurückgezogen werden.

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