Wir verzichten nicht! - Eure Krise zahlen wir nicht!

Flugblatt des Funke zur Demo der Gewerkschaften gegen Lohnverzicht am 13.05.2009

Die Krise hat die österreichische Gesellschaft mit voller Wucht getroffen: Stellenabbau, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Lohnkürzungen, ... bedrohen den Lebensstandard von uns Lohnabhängigen. Und das dicke Ende wartet noch auf uns.

Ein Steigen der Arbeitslosigkeit auf eine halbe Million wird prognostiziert, und die explodierende Staatsverschuldung im Zuge der "Bankenrettungspakete" soll von uns allein getragen werden.

Umso wichtiger ist es, dass in den letzten Wochen in den Gewerkschaften die Stimmen lauter geworden sind, die sagen, dass wir Lohnabhängigen nicht für diese Krise zahlen sollen. Immerhin waren wir es auch nicht, die sie verursacht haben. Ganz im Gegenteil, schon in den Jahren des Wirtschaftsaufschwungs haben die Unternehmen unsere Arbeitskraft ausgepresst, aus unseren Muskeln und Nerven rausgesaugt, was nur ging. Von dem Reichtum, den wir erarbeitet haben, haben wir nicht viel gesehen, dafür sind die Profite, Ausschüttungen an KapitaleignerInnen und ManagerInnengehälter in astronomische Höhen gestiegen.

Die Krise nutzen die Unternehmen jetzt für einen Generalangriff auf unsere Rechte und sozialen Errungenschaften. Die Konflikte um den Kollektivvertrag in einer Reihe von Branchen sprechen Bände. Die Unternehmen stellen dreiste und freche Forderungen. Selbst dort, wo die Krise noch gar nicht zu spüren ist und weiterhin gute Profite gemacht werden, fordert das Kapital Nulllohnrunden, Lohnkürzungen oder "freiwilligen Lohnverzicht" und "Flexibilität" bis zum Exzess. Sie haben sich entschieden, die Krise zu nutzen, um das Lohn- und Sozialniveau in Österreich nachhaltig nach unten zu drücken.

Leider hat die Gewerkschaftsführung die Zeichen der Zeit noch immer nicht erkannt, geschweige denn verstanden! Bei Magna gab es keinen organisierten Widerstand gegen die Forderung nach Lohnverzicht. Im Konflikt um den Kollektivvertrag im grafischen Gewerbe zeigen sich die DruckerInnen zwar streikbereit, aber die Führung um Kollegen Bittner ist bereit, ein "Krisenpaket" zu schnüren, das trotz 3 Prozent Lohnerhöhung, durch die Streichung von "unzeitgemäßen Zulagen" unterm Strich einen Einkommensverlust vorsieht. Die Logik "Wir kommen den Unternehmen entgegen und treffen uns in der Mitte" bedeutet heute Lohnverlust und Prekarisierung und muss daher sofort fallen gelassen werden.

Uns Lohnabhängigen wird unser ganzes Leben lang nichts geschenkt. Unseren bescheidenen Lebensstandard müssen wir uns hart erarbeiten. Und selbst da wollen sie uns weiter drücken, unter der Drohung, dass wir froh sein sollen, überhaupt einen Arbeitsplatz zu haben. So schaut die SozialpartnerInnenschaft aus, wenn es nach den Unternehmen geht.

Wie kann es sein, dass die Unternehmen immer jammern? Im Aufschwung wollen sie uns nicht mehr geben, weil sie für schlechtere Zeiten einen Polster ansammeln müssten. Und in der Krise geben sie sowieso nichts her, weil das die Krise noch weiter verschärfen würde. Gleichzeitig leben sie weiter in Saus und Braus.

Wir sind gut beraten, wenn wir diesen Damen und Herren in den Chefetagen nicht alles abnehmen. Es gibt nur eine Antwort: Wir wollen wissen, wie es um die Betriebe, in denen wir arbeiten, in denen ohne unsere Arbeit gar nichts geht, wirklich steht. Die Belegschaften und die Gewerkschaft muss Einblick in die Geschäftsbücher bekommen. Nicht nur in die ohnedies getürkten Jahresbilanzen, nein in alle Unterlagen. Dann schauen wir mal, ob es den KapitaleignerInnen und ihren VerwalterInnen wirklich so schlecht geht, und wo die Profite der letzten Jahre hingeflossen sind. Wie etwa kann es ein, dass die KollegInnen bei Magna bis zu 20 Prozent weniger verdienen, und Herr Stronach gleichzeitig hinausposaunt, dass er "1,5 Mrd. Cash hat", um Opel aufzukaufen?

Uns ist klar, dass die Unternehmen das nicht so einfach zulassen werden. Die Forderung nach Offenlegung der Geschäftsbücher wirft nämlich die Frage auf, wer im Betrieb das Sagen hat. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir mit dieser Krise an einem Wendepunkt angelangt sind. Nichts wird mehr so sein wie früher. Die Unternehmen handeln längst mit diesem Bewusstsein. Wir können es uns nicht mehr leisten, dass unsere Gewerkschaften noch immer so funktionieren wie in längst vergangenen Zeiten. Schon in den letzten Jahren hat dieser sozialpartnerInnenschaftliche Kurs nichts eingebracht; in der Krise ist er aber völlig unbrauchbar und verdammt uns nur zu einer abwartenden Haltung, zur Reduktion unserer Einkommen, ohne dass ein einziger Arbeitsplatz dadurch gesichert würde.

In Wirklichkeit stehen wir vor einer Richtungsentscheidung: Entweder weitermachen wie bisher und hoffen, dass die Unternehmen wieder lieb zu uns sind. Oder aber wir erkennen, dass uns der "soziale Friede" gekündigt wurde und nicht zurück kommt, wenn wir uns in einer Frage nach der anderen vor dem Kapital zu Boden werfen. So viel Realitätssinn können wir auch von den KollegInnen in den Führungsetagen unserer Gewerkschaften erwarten. Machen wir die Gewerkschaft wieder zu einem Kampfinstrument, das seiner ursprünglichen Aufgabe gerecht werden kann, als Lohnfechter unserer Klasse.

In den Gewerkschaften müssen die Mitglieder das Sagen haben. Wir brauchen volle Gewerkschaftsdemokratie. Am Beginn eines jeden Kampfes muss es in den Betrieben eine breite, demokratische Diskussion über unsere Kampfziele und dann eine Urabstimmungen geben. Verhandlungsteams und Streikleitungen müssen demokratisch gewählt werden und den BetriebsrätInnen und Mitgliedern rechenschaftspflichtig sein und von diesen auch wieder abwählbar sein, wenn sie nicht mehr die Interessen der Basis vertreten. Verhandlungsergebnisse müssen wieder einen Urabstimmung unterzogen werden.

Mit anderen Worten: Die Mitglieder und die BetriebsrätInnen müssen so eng hinter der Gewerkschaftsführung stehen, dass die gar nicht mehr umfallen können. Bei der alten StellvertreterInnenpolitik können sie dem Druck der Gegenseite nicht standhalten, aber wenn wir alle auf den Tisch hauen, wird sich was bewegen lassen!

Kein kampfloses Zurückweichen in keiner Frage. Vielleicht können wir uns nicht durchsetzen, aber probieren müssen wir es, mit neuen Methoden, mit der aktiven Teilnahme der BetriebsrätInnen und der Belegschaften. Die Geschichte unserer Bewegung sollte uns eine Warnung sein: ein kampfloses Zurückweichen schwächt uns, demoralisiert unsere Leute und macht die Schwächsten anfällig für rechte DemagogInnen. Das Kapital bekommt nur noch mehr Appetit und wird noch und noch frecher. Rüsten wir uns endlich zum Gegenschlag!

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