Bilanz des ÖGB-Kongress: GewerkschafterInnen zwischen Ohnmacht und Kampfbereitschaft

Vom 30.6.-2.7.2009 fand in Wien der 17. ÖGB-Bundeskongress statt. Bereits im Vorfeld des Kongresses wurden die wichtigen Entscheidungen gefällt. Erich Foglar stand schon lange vorher als ÖGB-Präsident fest. Der Leitantrag, den wir bereits hier analysiert haben, beinhaltet neben einer leider auf den Casino-Kapitalismus begrenzten Kritik vor allem eine Einzementierung der Linie der ÖGB-Spitze, sich aktiv an der Verwaltung der kapitalistischen Krise bzw. des Kapitalismus selbst zu beteiligen. In den Reden führender ÖGB-FunktionärInnen kam sehr gut die Ohnmacht des ÖGB angesichts der Wirtschaftskrise zum Ausdruck. So ist es auch kein Wunder, dass die Niederlage der DruckerInnengewerkschaft im Kampf um den Erhalt des Kollektivverttrages und das knieweiche Auftreten der Postgewerkschaft in den Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag keine Erwähnung fanden.

Bei der FSG-Konferenz am ersten Tag des Kongresses brach der Unmut an der Basis und unter mittleren FunktionärInnen aber voll durch. Nach der Rede von Kanzler Faymann übten rund 15 KollegInnen offen scharfe Kritik an der Linie der SPÖ-Führung. Selbst der scheidende FSG-Vorsitzende Haberzettl forderte ein Ende des Kuschelkurses mit der ÖVP. Vor allem in der Frage einer Vermögenssteuer machten die FSG-Delegierten mächtig Druck auf Faymann. Die Unzufriedenheit in der FSG ist offensichtlich, aber noch gibt es niemanden, der diesen organisiert und diesem eine klare Perspektive gibt.

Angesichts der Perspektivlosigkeit der ÖGB-Spitze und der Ohnmacht unter den meisten Delegierten sammelten wir gemeinsam mit AktivistInnen aus Organisationen der Linken Unterschriften für einen Initiativantrag unter dem Motto "Wir zahlen nicht für Eure Krise: Den Worten müssen Taten folgen". In diesem Antrag heißt es: "Der ÖGB-Kongress findet vor dem Hintergrund der tiefsten Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren statt. Die Konsequenzen sind für ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose und ihre Familien dramatisch. Wir haben es mit Argumenten, mit Petitionen, mit Demonstrationen und Betriebsversammlungen versucht. Aber die Angriffe der Wirtschaftsseite gehen weiter. Sie wollen, dass WIR - also die Masse der ArbeitnehmerInnen - für die Krise zahlen sollen. Immer mehr KollegInnen fordern, dass nun die nächsten Schritte folgen müssen. Weil wir Gewerkschaftsmitglieder gemeinsam deutlich zeigen wollen, dass wir bereit sind, für unsere Interessen zu kämpfen ...

  • organisiert der ÖGB vor Beginn der Lohnrunden im Herbst 2009 einen eintägigen bundesweiten Streiktag mit einer gemeinsamen Großdemonstration in Wien als ersten Schritt zu weiteren Kampfmaßnahmen.
  • Die Gewerkschaften sind gefordert um Betriebe, Jobs und Einkommen zu sichern. Aber nicht indem Milliarden an Unternehmen verschenkt werden. GewerkschafterInnen sind für die Übernahme von Betrieben durch die öffentliche Hand - ohne Betriebsschließungen, ohne Stellenabbau, ohne Lohnkürzungen.

... weil wir uns weitere Angriffe wie Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerung bzw. Kurzarbeit mit Lohneinbußen sowie Streichungen bei Pensionen, Gesundheit und Bildung nicht leisten können ...

... weil wir ein starkes und v.a. gemeinsames Zeichen aller Beschäftigten gegen die Angriffe brauchen und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen, wie das bei den LehrerInnen versucht worden ist ...

... weil wir eine Aktion brauchen, an der sich alle KollegInnen beteiligen können, egal ob Großbetrieb und Kleinstunternehmen ..."

Es ist uns gelungen, die erforderlichen 71 Unterschriften von stimmberechtigten Delegierten zu bekommen, damit der Antrag zugelassen wurde. Insgesamt haben weit mehr als 200 anwesende GewerkschafterInnen den Antrag unterzeichnet. Viele, die den genauen Wortlaut nicht unterstützen wollten, sprachen sich aber sehr wohl für einen vom ÖGB organisierten Aktionstag mit Demonstrationen aus. Dies zeigt, dass selbst in diesem sehr ausgewählten Bereich an BetriebsrätInnen und GewerkschafterInnen eine wachsende Kampfbereitschaft zu verzeichnen ist.

Außerdem sammelten wir in den drei Tagen des Kongresses Spenden für die Flüchtlingslager der PTUDC (siehe dazu hier) im Swat-Tal an der Grenze zu Pakistan. Wir möchten uns auf diesem Wege bei allen KollegInnen bedanken, die mit ihren kleineren oder größeren Spenden zum tollen Erfolg dieser Kampagne beigetragen haben.

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