Pensionsautomatik – eine Debatte beenden

Zu Beginn der Schwarz-blauen Regierung im Jahre 2000 war es Wolfgang Schüssel, der eine Automatisation der Pensionsstruktur forderte und dank der damals schwächelnden aber durchaus vorhandenen Sozialpartnerschaft auch einige Reformen durchbrachte. Kompromisse wie die SchwerarbeiterInnenregelung oder die nun bald (2013) auslaufender "HacklerInnenregelung" seien einmal außer Acht gelassen.

Ginge es nach EU-Sozialkommissar Laszlo Andor und seinen konservativen EinflüstererInnen, so sollte weltweit auf ein einheitlich geformtes Pensionssystem zurückgegriffen werden, das 1. so wenig wie möglich den Staatshaushalt belastet und 2. den Ruhestand so nah wie möglich an der Lebenserwartung (also dem Tod) ansiedelt. Im Klartext heißt das, dass sich jene Forderungen, die hierzulande abgewehrt wurden, nun per EU-Dekret durchsetzen könnten. Vordergründig würde sich eine Automatisierung des Pensionsantrittsalters nicht ganz so imageschädigend auf die Regierungen Europas auswirken: Wer ist schließlich schon bereit hier, ähnlich wie bei der andiskutierten Bankensteuer, einen Vorstoß zu wagen? Das sind doch schließlich keine politischen Fragen, sondern wohl fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse ...

Die Grundidee laut Andor besteht darin, die Übertragung der Entscheidung von der politischen Ebene auf die rechtliche Ebene zu übertragen und somit die parlamentarische Diskussion zu vermeiden. Nicht verwunderlich ist daher, dass sich auch Olli Rehn, nunmehr EU-Wirtschaftkommissar, in die Diskussion eingeschaltet hat. Laut einer von der OECD durchgeführten Studie nimmt Österreich einen, im Vergleich, guten Platz ein. Diese rechnet nach Antritt mit einem durchschnittlichen Verbleib von 24 Jahren im Ruhestand. Zuviel für einen Menschen und dessen Leistung für Mehrwert und Produktion – meint Rehn. Als Vorbild könne hier der kürzlich in Rente gegangene US-Postbedienstete Chester Reed gelten, der erst mit 92 Jahren seinen Dienst quittierte.

Männer arbeiten in Österreich im Schnitt bis 58,9 Jahren bei einem offiziellen Pensionsalter von 65 Jahren, Frauen bis zu 57,9 Jahre bei 60 Jahren Antrittsalter, wobei die Lebenserwartung bei Männern bei rund 82 Jahren liegt, bei Frauen ungefähr bei 85. Die arbeitenden Menschen in den Extrembeispielen USA, Japan und Spitzenreiter Mexiko, wo ebenfalls ein offizielles Antrittsalter von 65 Jahren besteht, sehen erst mit Anfang 70 ihrem Ruhestand entgegen. Der Vergleich mit Japan oder den USA ist allerdings nur begrenzt zulässig, da hier teilweise die sozialen Strukturen ein Auskommen mit der vom Staat ausbezahlten Rente verunmöglichen und so ein Weiterschinden unumgänglich ist. Die Reichen dieser Welt hingegen gehen nie in die Pension – sie fangen erst gar nicht zu arbeiten an und fristen ihr ach so armes Dasein mit Drinks am Strand auf Kosten unserer Ausbeutung, die ihre Aktiendividenden, Boni usw. ermöglicht.

Und hier setzen wir am Kern der Frage an. Soll das Umverteilungssystem, das lange als "heilige Kuh" gegolten hat, und nicht als staatliche Almosen gelten darf, sondern als gesellschaftlich kollektiver Beitrag zwischen den Arbeitenden und den PensionistInnen gesehen werden muss, nun endlich angreifen?

Wir wehren uns gegen eine Pensionskostendebatte, da nichts und niemand das Recht hat, das lang bewährtes Umlageverfahren in Frage zu stellen. Private Pensionskassen schütten auch einen viel geringeren Anteil der einbezahlten Beiträge wieder aus. Steuergelder, die im öffentlichen System den sozialen Ausgleich schaffen (und als Anteil am BIP seit langem nicht gestiegen sind), sind als gesellschaftliches Vermögen zu verstehen. Die begüterte Klasse hat hier keinerlei Anspruch zu stellen oder Entscheidungen zu fällen – egal durch welche Institution oder Regierung. Ebenso wie die heute längst obsolete Drittelregelung für den Achtstundentag erdacht wurde (acht Stunden Schlaf, acht Stunden Arbeit und acht Stunden Freizeit), steht es den Menschen auch zu, ihr Leben in zu leben, ohne bis in den Tod zu schuften. Hier bräuchte es eine neue Drittelregelung: Ein Drittel des Lebens Kindheit, Jugend und Ausbildung – ein Drittel Arbeit – ein Drittel ohne Arbeit.

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