Frauenfalle Teilzeit

Seit Mitte der 1980er ist der Trend zur steigenden Teilzeitbeschäftigung ungebrochen und zu einem wesentlichen Strukturmerkmal des Arbeitsmarktes geworden.Teilzeitarbeit wird nach wie vor als hauptsächliche Vereinbarkeitsstrategie von Erwerbs- und Familienarbeit von Frauen betrachtet. Die Qualität von Teilzeitbeschäftigung nimmt allerdings einen untergeordneten Stellenwert ein. Obwohl Teilzeitbeschäftigung die häufigste Abweichung von der Vollzeitbeschäftigung und in diesem Sinn eigentlich keine atypische Beschäftigungsform mehr ist, wird sie immer noch als Sonderform der Arbeitszeit behandelt.

Teilzeit ist ein weibliches Phänomen. Viele Frauen bezahlen die Teilnahme am Arbeitsmarkt mit einem hohen Preis: geringes Einkommen, Einsatz unter dem Qualifikationsniveau, geringere Karrieremöglichkeiten. Hinter dem Wunsch nach Teilzeit steht zumeist ein traditionelles Rollenverständnis, das der Frau die Verantwortung für die familiäre Reproduktionsarbeit zuweist. Frauen haben einen Anteil von 82,5% an Teilzeitbeschäftigten.

Die Teilzeitquote der unselbständig erwerbstätigen Frauen hat sich im Zeitraum 1995 bis 2007 von 27 auf 42% erhöht. Der Anstieg der Erwerbsbeteiligung von Frauen geht mit dem Anstieg der Teilzeitbeschäftigung einher, während sich die Vollzeitarbeitsplätze seit 1995 reduzierten. Die Teilzeitquote von Frauen ist in der Altersgruppe zwischen 35 und 39 Jahren mit 53,6% am höchsten. Insbesondere das Gesundheits- und Sozialwesen weist eine sehr hohe Teilzeitquote auf. Im Handel und in Hilfstätigkeiten sind Frauen überdurchschnittlich oft in Teilzeitbeschäftigung. Die Differenz der Teilzeitquote zwischen Frauen und Männern ist in Oberösterreich (fast 41%) am höchsten und in Wien (23%) am geringsten. Der Bruttomonatsverdienst von teilzeitbeschäftigten Frauen beträgt im Durchschnitt nur 893 Euro.

In der Wissenschaft überwiegt ein kritischer Zugang zur Teilzeit. Der Haupttenor ist, dass Teilzeit und Qualität per se im Widerspruch stehen: Die Segmentierung des Arbeitsmarktes wird aufrechterhalten, die Einkommensschere nicht verringert und die traditionelle Arbeitsteilung nicht abgebaut. Der Anteil teilzeitbeschäftigter Frauen in Österreich ist EU-weit überdurchschnittlich. Durch ein gutes Betreuungsangebot für Kinder könnten Frauen in qualifizierten Jobs bleiben. In Österreich führt der Mangel an Kinderbetreuungsmöglichkeiten aber zu langen Teilzeitkarrieren von Frauen und einer Schlechterstellung am Arbeitsmarkt. Eine Verringerung der Normalarbeitszeit, so weit dass diese an viele Teilzeitarbeitsverhältnisse angenähert wird, könnte einen Beitrag zur Gleichstellung leisten.

Obwohl der Wunsch nach qualifizierter Teilzeitbeschäftigung enorm ist, schaffen Unternehmen keine. Für sie bedeutet Teilzeit, möglichst kostengünstiges Personal zu bekommen. Die wirtschaftlichen Interessen stehen einer qualitativ hochwertigen Teilzeit entgegen, da Unternehmen von schlecht bezahlten und nicht abgesicherten Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen profitieren. Da Frauen einen Großteil der Teilzeitbeschäftigten ausmachen, ist jede Initiative zur Hebung der Qualität der Teilzeitarbeit auch ein Beitrag zur Verbesserung der Position von Frauen im Erwerbsleben. Letztlich müsste jede Tätigkeit auch in Form von Teilzeit möglich sein – für Frauen und Männer.

Erwerbsarbeit und ökonomische Unabhängigkeit sind für Frauen zentrale Faktoren für das Bewusstsein der eigenen Stärke. Frauen sind durch geringere Bezahlung und die Doppelbelastung weiter diskriminiert. Die Krise verschärft die Situation von Frauen noch zusätzlich. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad von Frauen ist gering, was es für die Gewerkschaften erforderlich macht, hier spezielle Maßnahmen zu setzen. Aber nur Männer und Frauen gemeinsam können die gesellschaftlichen Verhältnisse zu ihren Gunsten verändern, wenn sie kämpfen und sich nicht länger mit schönen Worten abspeisen lassen.

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