Wir brauchen eine starke Linke!

Die Rezession ist zu Ende, doch schon stehen wir vor einer neuen spekulativen "Megablase", obwohl die Kosten der Krise (die wir in Form von Lohnverzicht und Sparpaketen zu bezahlen haben) noch nicht beglichen sind. Das sind die zwei Seiten eines gescheiterten Wirtschaftsmodells. Der Widerstand von uns Lohnabhängigen und Jugendlichen dagegen braucht Methode und Organisation.

Im dritten Quartal 2009 zeigen viele Wirtschaftsindikatoren leicht nach oben, der freie Fall der Weltwirtschaft wurde durch massive staatliche Rettungspakete gestoppt. Gleichzeitig stehen wir vor einer Explosion der Arbeitslosigkeit. Die Kapazitätsauslastung der Industrie ist weiterhin niedrig. Sie lag im Sommer im Euro-Raum unter 70 Prozent, in der Autoindustrie unter 60 Prozent – diese eklatanten Überkapazitäten erklären auch die geringe Investitionsbereitschaft.

Wohin ist also unser Geld verschwunden? Wer das notwendige Kleingeld hat und im April rechtzeitig in die Wiener Börse eingestiegen ist, hat seither einen (steuerfreien) Profit von 50 Prozent gemacht. Auch die Preise von Rohstoffen, Nahrungsmitteln und Edelmetallen sind auf der Hochschaubahn. Die Rettungspakete, die die öffentliche Verschuldung auf historische Ausmaße getrieben haben, sind also nun privat veranlagt und garantieren den ShareholderInnen goldene Nasen. Damit wird ein neuer wirtschaftlicher Supergau vorbereitet. Denn auch diese Blase wird platzen …

Also geht es den Bürgerlichen jetzt darum, die Kosten der Krise auf die Schultern der Lohnabhängigen abzuwälzen. Bei den Kollektivvertragsverhandlungen sehen wir bereits, wohin der Zug fahren soll. Jede noch so kleine Lohnerhöhung wird als Beitrag zur Arbeitsplatzvernichtung dargestellt, jeder Widerstand gegen flexiblere Arbeitszeiten als gestrig, der Bezug von Sozialleistungen als schmarotzerisch, der freie Bildungszugang als utopisch. Auf die Zuspitzung der "AusländerInnendebatte" folgt nun die SozialschmarotzerInnendebatte wie das Amen im Gebet. "Ein Sozialtransferkonto soll Gerechtigkeit schaffen", so ÖVP und Industriellenvereinigung. Und die Bürgerlichen rüsten angesichts schwacher Wirtschaftsprognosen und explodierender Staatsschulden ideologisch gegen die ArbeiterInnenklasse, um ihren nächsten Raubzug vorzubereiten. Die SPÖ-Spitze kann und will dem nichts entgegensetzen. Sie spielt das Spiel der Bürgerlichen weiter mit. Doch es regt sich Widerstand dagegen. Das hat dieser Herbst gezeigt. Die Uni-Proteste, die Konflikte der Lohnrunde und die Bewegung des Kindergartenpersonals sind die Aktivposten der Gegenbewegung. Eine Zeitlang schien es, als würde es mit gemeinsamen Massenprotesten zu einem "Heißen Herbst" kommen. Diese Chance wurde leider vertan. Nichtsdestotrotz waren die letzten Wochen ein wichtiger Vorbote für die turbulenten Ereignisse, auf die Österreich zusteuert.

An den Unis und in den Gewerkschaften hat sich gezeigt, dass angesichts von katastrophalen Missständen und provokanten Kapitalangriffen große Kampfbereitschaft herrscht. Die Demos der DruckerInnen, des Kindergartenaufstands, der StudentInnen, die Vielzahl an Protestaktionen der MetallerInnen – wer will da noch behaupten, dass "die ÖsterreicherInnen" sich alles gefallen lassen und eh nicht kämpfen wollen. Woran lag es also, dass diese Proteste bisher keinen Erfolg brachten? Letztlich liegt die Antwort darin, welche politischen Ideen, Perspektiven und Konzepte in diesen Bewegungen und Kämpfen vorherrschten, wie diese organisiert wurden und wer sie führte.

Ideen, Organisationsformen und Kampftraditionen sind sehr stark von der Vergangenheit geprägt. Dies hat sich in all diesen Kämpfen schmerzlich gezeigt. In den Gewerkschaften herrscht noch immer die sozialpartnerschaftliche Logik vor. Die Basis hat de facto keine Möglichkeit, die Ziele eines Arbeitskampfes und die Kampfmethoden demokratisch zu bestimmen. Verhandlungsergebnisse werden ohne Urabstimmung in den Betrieben von einer Handvoll erlesener FunktionärInnen ausgemacht. Die Gewerkschaftsführung versucht mit allen Mitteln Streiks und Demos zu verhindern. Diese sind nicht mehr als das allerletzte Mittel, um die UnternehmerInnen zu Verhandlungen zu zwingen. Gerade in Zeiten der Krise kommt die Gewerkschaftsführung aber immer seltener darum herum, die Basis oder zumindest die BetriebsrätInnen zu mobilisieren. Das hat sich bei den DruckerInnen gezeigt und ansatzweise bei den MetallerInnen. Umso wichtiger sind die ersten Formen von Selbstorganisation, wie wir sie bei den KindergärtnerInnen sehen bzw. der gemeinsame Druck von kämpferischen KollegInnen wie bei den DruckerInnen. Diese Ansätze gilt es in der nächsten Zeit weiterzuentwickeln, um die Gewerkschaften wieder zu Kampfinstrumenten zu machen.

Auf den Unis ist die Protestbewegung vor allem daran gescheitert, dass die Dominanz bürgerlicher Ideologie in Form der Postmoderne einen kollektiven Kampf unmöglich machte. Die "Basisdemokratie", die hier praktiziert wurde, führte zu einer absoluten Vereinzelung und Atomisierung des Widerstands, was es ab einem gewissen Zeitpunkt verunmöglichte der Bewegung eine Perspektive zu geben. sie größer und schlagkräftiger zu machen.

Die Menschen machen ihre Geschichte selbst. Die Macht der Ideen darf dabei nicht unterschätzt werden. Der Aufbau einer starken organisierten Linken in den Betrieben, Unis und Schulen sowie den Organisationen der ArbeiterInnenbewegung auf Grundlage eines marxistischen Programms erscheint uns daher derzeit als dringlichste Aufgabe. Wir möchten unsere LeserInnen und UnterstützerInnen dazu aufrufen, diese Arbeit aktiv zu unterstützen.

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