Wenn Fiona zahlen muss

"Fiona muss zahlen!" war einem Transparent des Maiaufmarsches in Wien zu entnehmen. Für die Basis ist die Kursänderung der SPÖ längst überfällig.

Spätestens seitdem die Krise der kapitalistischen Wirtschaft mit aller Heftigkeit an die Oberfläche getreten ist, ist die Diskussion über eine Vermögenssteuer endgültig losgetreten. Die Regierung blockt die Forderung nach Umverteilung bis jetzt aber vehe­ment ab. ÖVP-Finanzminister Josef Pröll will von einer weiteren Steuerreform nichts wissen, seiner Ansicht nach haben wir es mit einer "Neiddebatte" zu tun. Außer­dem hält er das Stiftungssteuerrecht für fair und gerecht. Der ÖVP-Chef macht keinen Hehl daraus, dass er die Interessen der Reichen und Superreichen vertritt und fügt hinzu: "Tun wir nicht so, als ob es in Österreich Verteilungsungerechtigkeit gäbe".

Es fällt nicht schwer, diese Aussage zu entkräften. Zahlen sprechen bekanntlich für sich. Laut einer aktuellen Studie der Nationalbank haben die 10 reichsten Prozent der Bevölkerung in Österreich ganze 51% des Besitzes unter ihren Fittichen, das reichste Prozent besitzt ungeheuerliche 27% des Geldvermögens. Ein Blick nach unten macht die soziale Ungleichheit noch deutlicher. 2/3 der in Österreich lebenden Menschen besitzt kein nennenswertes Vermögen. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung verfügt nur über 8% des privaten Geldvermögens – ebenso viel wie das wohlhabendste Promille (0,1%)! Etwa eine Million Österreicher­Innen ist armutsgefährdet.

Und dass die letzt genannte Zahl der Realität hinterher hinkt, ist wahrscheinlich. Die gesellschaftlichen Erwartungen an jedeN einzelneN, wohlhabend, gesund und attraktiv zu erscheinen, sind enorm. All diese Attribute sind letztlich auch eine Frage der Mittel. JedeR schmückt sich gerne mit Markenkleidung und elegantem Auto, was viele nur über Schulden finanzieren können.

Wenn es nach den Bürgerlichen geht, werden sich die Menschen im Zuge der globalen Wirtschaftskrise "an ein niedrigeres Wohlstandsniveau gewöhnen müssen", so der IWF. Abgesehen von den direkten Folgen der Rezession (in Österreich fiel die Wirtschaftsleistung im 1. Quartal 2009 um 3,5%) ist es vor allem die stark steigende Staatsverschuldung aufgrund der ganzen Programme zur Wiederbelebung der Wirtschaft, die in Zukunft Sparpakete bei der Bildung, bei der Gesundheit, bei der Infrastruktur usw. nach sich ziehen werden. Während es für die Bürgerlichen darum geht, ihr Leben im Überfluss fortzuführen, wird es die Lohnabhängigen und Jugendlichen weiter nach unten ziehen.

Es kann aber nicht die Rede davon sein, dass die Klassenunterschiede in unserer Gesellschaft nicht wahrgenommen werden. Eine überwältigende Mehrheit von 99% der sozialdemokratischen Parteimitglieder ist laut dem steirischen Landeshauptmann Franz Voves für eine Vermögenssteuer. Das ist gewiss kein schlechtes Spiegelbild für die Stimmung unter den Beschäftigten und Jugendlichen in diesem Land.

Großes Problem bleibt wie gewohnt die Artikulation dieses Anliegens, die von der Spitze der SPÖ wo es nur geht unterbunden wird. Werner Faymann hat sich allen Ernstes erlaubt, vor einigen tausend Parteimitgliedern bei seiner 1.Mai-Rede am Wiener Rathausplatz kein Wort über die dringend nötige Steuerreform zu verlieren. Dem Bundeskanzler sind die Einhaltung des schwarz gefärbten Regierungsprogramms und die Fortdauer der Koalition wohl wichtiger als die Lösung der massiven Probleme von Lohnabhängigen und Jugend. Daran konnte auch das Wahldebakel bei den EU-Wahlen nichts ändern. Für Faymann kommen nur eine EU-weite Finanztransaktionssteuer und eine Vermögenszuwachssteuer in Frage – und das natürlich nur in trauter Einheit mit der ÖVP.

Voves als Revoluzzer?

Die Gewerkschaften fordern schon seit langem die Einführung einer Vermögenssteuer und Umverteilung über das Steuersystem. Der Vorsitzende der SPÖ Steiermark Voves ist der erste aus der SP-Spitze, der diese Rufe aufgenommen hat: "Es wird im Herbst so ein Druck entstehen, dass der Bund zum Handeln gezwungen wird." Voves weiß, wovon er spricht. Auch wenn es bisher kaum gelungen ist den wachsenden Unmut von Seiten der sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsbasis, BetriebsrätInnen und Beschäftigten nach Außen zu tragen, Voves bekommt ihn zu spüren. Sein Konzept der neuen europäischen Wirtschaftsordnung (NEW) beschreibt eine keynesianische Politik zur Durchsetzung sozialer Reformen. Zur Frage der Steuerpolitik schreibt Voves, dass "Vermögen und Vermögenszuwächse in stärkerem Ausmaß besteuert werden".

Selbst so ein Programm stößt in Zeiten der Krise zwangsläufig auf Widerstand der Bürgerlichen und der ÖVP. Dementsprechend könnten sich anhand der Frage, wie sozial die Sozialdemokratie in der Wirtschaftskrise noch sein darf, die Geister scheiden – immerhin hält die derzeitige Führung auf dem Kurs der Koalition und Klassenkollaboration entschlossen fest. Zum Thema Umverteilung hat das Präsidium bislang nicht mehr als die Einberufung einer eigenen Arbeitsgruppe hervorgebracht. Diese Unentschlossenheit und Verzögerung läuft offensichtlich darauf hinaus, die Angelegenheit im Sand verlaufen zu lassen. Die eigene Basis soll eingelullt und vertröstet werden.

Wir aber kontern mit Konsequenz, wir müssen den allgemeinen Wunsch nach einer Vermögenssteuer zur Sprache und zur Durchsetzung bringen. Wir bleiben realistisch und erwarten uns keine Wohltaten von Grasser, Meinl und Co., wie es etwa die Grünen tun, indem sie von den Super-Reichen eine freiwillige Selbstbesteuerung fordern. Wir wollen eine ordentliche Umverteilung von oben nach unten und sind uns des steinigen Weges dorthin bewusst. Wir vertrauen jedoch auf die Stärke der Massen, in deren Interesse eine solche Reform ist.

Der Kampf für die Vermögensbesteuerung geht schließlich Hand in Hand mit dem Kampf gegen jegliche Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen, Kurzarbeit, Werkschließung, Arbeitslosigkeit, aber ebenso gegen die Kürzungen im Bildungsbereich. Die arbeitenden und jugendlichen Menschen befinden im selben Boot und sollten sich daher gemeinsam wehren. Am 13. Mai zeigten sich schon einige SchülerInnen und StudentInnen mit den DemonstrantInnen solidarisch, auch LehrerInnen und SchülerInnen standen kürzlich Seite an Seite auf der Straße. Führen wir diesen Kampf gemeinsam auf einer neuen Ebene. Kämpfen wir dafür, dass die 99% der SPÖ-Mitglieder, die für einen kompromissloseren Kurs der Partei in Verteilungsfragen eintreten, auch die Politik der Partei bestimmen. Nützen wir die Macht der Organisation in Partei und Gewerkschaft, um die Interessen der Lohnabhängigen zu verteidigen!

Marx lässt grüßen

Karl Marx und Friedrich Engels beweisen ihre erstaunliche Aktualität, in dem sie schon im Kommunistischen Manifest eine "starke Progressivsteuer" forderten. Anstatt die SteuerzahlerInnen per Staatshaftung für die Vermögen der Superreichen bürgen zu lassen, sollten wir ebendiese zur Kasse bitten: Das für die Sanierung der Wirtschaft nötige Geld muss durch eine Vermögenssteuer von denen geholt werden, die über riesige Privatvermögen verfügen. Selbst eine nur einprozentige Besteuerung von Kapitalvermögen und Immobilienbesitz – natürlich ab einem gewissen Wert, unter dem z.B. Einfamilienhäuser und Pensionssparbücher steuerfrei sind – würde die Finanzierungsprobleme der öffentlichen Hand lösen. Die Sozialistische Jugend nahm es am Tag der Arbeit vorweg: "Marx hatte Recht – Klassenkampf statt Kuschelkurs – Vermögenssteuer jetzt!"

Verabschieden wir uns von allen indirekten Steuern, führen wir eine Vermögenssteuer für die Reichen ein! Schluss mit den Steuerprivilegien der Stiftungen! Gleichermaßen müssen wir die Wirtschaft von der Profitgier der KapitalistInnen befreien, um so eine echte Umverteilung zu begünstigen. Daher ist es ebenfalls erforderlich, eine Verstaatlichung aller Schlüsselbetriebe und Banken unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten zu fordern.

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