Meinl als Super-GAU

Mit der kurzzeitigen Inhaftierung von Julius Meinl V. ist der Anfang vom Ende einer großen Handelsdynastie, die sich noch aus der k.u.k.-Monarchie in die Jetztzeit herübergerettet hat, besiegelt. Mit ihm verglüht einer der strahlendsten Vertreter des österreichischen BürgerInnentums.

Gleichzeitig droht aber durch die mögliche Verwicklung von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ein wahrer Super-GAU für die Bürgerlichen, wodurch deren Politik in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren bis in die Grundfesten erschüttert werden könnte. Denn wird dem Strahlemann, der seinen Traum vom "Nulldefizit" durch die Verscherbelung der verstaatlichten Industrie erreichte, nachgewiesen, dass er seine politische Position dazu nützte, um den Profit von Meinl (gemeinsam mit seinem eigenen) zu pushen, dann würde mit einem Federstrich auch die Politik der Schwarz-Blauen Koalition in Frage gestellt.

In einem solchen Prozess würde das Vertrauen der Bürgerlichen einen nicht auszumalenden Schaden erleiden. Das Beispiel der BAWAG auf der "roten Reichshälfte" hätte somit auf einen Schlag einen Gegenpart im bürgerlichen Lager – mit weit größeren Auswirkungen, weil das Bild der angeblichen "Sanierer" des Staatshaushaltes wohl in jenes der sich gnadenlosen bereichernden AbzockerInnen verwandelt werden würde.

Womit wir wieder bei der BAWAG wären: Heute würde die Affäre um Flöttl, Verzetnitsch und Elsner wohl kaum noch derart von den Bürgerlichen ausgekostet und zelebriert werden als vor drei Jahren. Vielmehr wäre die Gewerkschaftsbank wohl eine von vielen, bei der die "maßlose Gier einzelner Manager" dazu geführt hat, dass Geld verspekuliert wurde.

Durch die brisanten politischen Verwicklungen werden sich die Bürgerlichen daher hüten, auf die "Affäre Meinl" denselben Hammer sausen zu lassen, der mit Wutgeheul die BAWAG traf und damit auch die österreichische ArbeiterInnenbewegung entscheidend schwächte. Im besten Fall wird Julius Meinl V. das Bauernopfer sein, das für die Integrität des österreichischen BürgerInnentums über die Klinge springen muss.

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