Steuerreform 09: (K)ein großer Wurf?

Die Steuerreform 2009 wird von der Großen Koalition als Riesenerfolg bejubelt, sie soll zur Entlastung aller beitragen und gleichzeitig die Konjunktur ankurbeln. Wir haben daher die Lupe in die Hand genommen, um etwas genauer hinzuschauen.

Interessant dabei ist, dass mittlerweile von SPÖVP v.a. die angebliche Wirkung der Steuerreform gegen die Krise in den Vordergrund gestellt wird, obwohl zum Zeitpunkt der Koalitionsvereinbarung, in welcher die Steuerreform schon im Detail festgelegt war, alle Beteiligten noch abgestritten hatten, dass es in Österreich überhaupt eine Krise gibt.
Tatsächlich haben Steuerreformen noch nie eine Krise gelöst. Sie können bestenfalls dazu beitragen, den Aufschwung zu verstärken oder den Abschwung zu schwächen. Die Ursachen der Krise liegen nämlich nie beim Konsum, sondern in der Produktion, sodass über eine Erhöhung der individuellen und gesellschaftlichen Ausgaben auch nicht bei den Ursachen der Krise angesetzt werden kann. Und die Wirkung eines Steuerreförmchens, das gerade mal 2,3 Milliarden Euro bewegt, während den Banken bis zu 100 Milliarden nachgeworfen werden, muss in Anbetracht der Tiefe der Krise ohnedies verpuffen wie ein Tröpfchen auf dem heißen Stein.

Umverteilung

Auch die hochgejubelte Umverteilungswirkung der Steuerreform entspringt bestenfalls der Fantasie der Faymänner. All jene, die im Jahr unter 10.000 Euro verdienen (2,6 Millionen Beschäftigte), haben schon mal gar nichts davon, weil sie keine Steuern zahlen. Das gilt jetzt auch für jene, die bis zu 11.000 Euro im Jahr (jeweils nach Abzug der Sozialversicherung) verdienen – sie haben also wenig davon. Am meisten profitieren die TopverdienerInnen (150.000 Personen), da der Spitzensteuersatz von 50% von nun an erst ab 60.000 statt wie bisher ab 51.000 Euro Jahreseinkommen fällig wird.

In den letzten Jahren mussten viele mittlere Einkommen zudem Reallohnverluste hinnehmen, weil die Grenzen für die Steuerstufen nicht an die Inflation angepasst wurden. So verloren die Reallöhne von 2006 bis 2008 durch kalte Progression und Inflation durchschnittlich 2% an Wert (Quelle: startblatt.net). Für einen großen Teil der Lohnsteuerzahlenden bedeutet die aktuelle Steuerreform darum bestenfalls das Aufholen dessen, was in den letzten Jahren von der kalten Progression aufgefressen wurde.

Familien

Jährlich können künftig bis zu 1.150 Euro an Kinderbetreuungskosten von der Steuer abgesetzt werden. Auch sonst wird in diesem Bereich vorwiegend mit Absetzbeträgen gearbeitet, so dass wiederum nur jene davon profitieren, die überhaupt genug Steuern zahlen, um die vorgesehenen Beträge absetzen zu können, was die ideologische Komponente dieser ach so familienfreundlichen Steuerreform deutlich macht; hier ist einmal mehr zu erkennen, dass die ÖVP in der Regirung die erste Geige spielt.

Anstatt den Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung mit diesem Geld zu finanzieren, gibt es Steuergeschenke für ohnedies schon bessergestellte Familien. Derartige Maßnahmen führen folglich auch dazu, dass die soziale Schere zwischen bürgerlichen und lohnabhängigen Frauen weiter auseinandergeht: Während für erstere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert wird, müssen sich zweitere dazwischen entscheiden.

Fazit

Insgesamt handelt es sich bei der Steuerreform 2009 um eine Fortsetzung der Umverteilungspolitik von unten nach oben, eine weitere Kapitulationserklärung der Sozialdemokratie vor den Bürgerlichen. Während die soziale Basis der SPÖ von dieser Reform kaum etwas hat, wird jene der ÖVP bestens bedient. Zu einer wirklichen Verbesserung der Situation der Lohnabhängigen würde z.B. die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und Dinge des täglichen Gebrauchs beitragen. Es ist bezeichnend, dass die Sozialdemokratie diese Kernforderung ihres Wahlkampfes sofort der großkoalitionären Logik geopfert hat.

Wird der Wunsch nach Umverteilung ernst genommen, müssten die Progression in der Einkommenssteuer deutlich erhöht, der Spitzensteuersatz stark angehoben, viel mehr Steuerklassen eingeführt und v.a. die Steuerfreigrenze zumindest verdoppelt werden. Wenn wir eine echte Umverteilung wollen, dann muss vom Kapital zur Arbeit umverteilt werden, was eine echte Vermögens- und Gewinnbesteuerung erfordern würde.

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