SPÖ liebäugelt mit Liberalen – Ein Stück des Weges gemeinsam nach rechts
- Details
- Erstellt am Dienstag, 26. September 2006 10:38
- von Lukas Riepler, Vorsitzender der SJ Vorarlberg
"Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab,“ lautet ein altes Sprichwort. Die SPÖ hingegen hat ein Ross bestiegen, dessen Verwesungsgeruch inzwischen kaum mehr zu vernehmen war und am Friedhof der politischen Kuriositäten friedlich vor sich verrottet wäre. Durch ein Parteibündnis mit dem bereits in die Bedeutungslosigkeit versunkenem „Liberalen Forum“ (LIF) hat der Rechtsschwung der Partei nach dem Rauswurf der GewerkschafterInnen aus dem SP-Parlamentsklub eine neue Qualität erreicht.
Vor allem viele junge GenossInnen fragen sich zu recht: „LIF? Was ist das?“ Das 1993 aus einer Spaltung mit der FPÖ hervorgegangene Liberale Forum kann getrost als radikalster Teil der österreichischen Bürgerlichen bezeichnet werden. Ihre UnterstützerInnen rekrutierten sich in erster Linie aus dem Bereich wirtschaftsliberaler UnternehmerInnen. 1999 verlor das LIF seine Sitze im Nationalrat und verfügte seither weder über eine nennenswerte politische Relevanz noch über eine sichtbare gesellschaftliche Verankerung.
Das liberale Parteiprogramm liest sich wie ein Wunschkatalog eines jeden Unternehmers: Zu allererst wird festgestellt, dass die Marktwirtschaft das "non plus ultra" allen Wirtschaftens ist. Auf dieser theoretischen Basis bauen die Liberalen ein Gerüst aus Arbeitszeitflexibilisierung, totaler Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, der Privatisierung sämtlicher staatseigener Betriebe, dem Untergraben der Kollektivverträge durch Lohnverhandlungen auf Betriebsebene und auch der Abschaffung öffentlicher Sozialvorsorge auf. Die Liberalen wohl auch, dass die deutsche Hartz-IV-Arbeitsmarktreform auch in Österreich angewandt wird, um Arbeitslose zu Billiglöhnen arbeiten lassen zu können. Sie sind für Studiengebühren. Sie fordern im Rahmen einer Europäischen Verteidigungsunion "Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung".
Mit dieser Partei – oder wohl eher Partie – ist die Sozialdemokratie ein Bündnis eingegangen. Der Deal sieht vor, dass das LIF in seinen eigenen Reihen dazu aufruft, rot zu wählen. Im Gegenzug erhält Alexander Zach, Vorsitzender der Liberalen, ein Fixmandat von der SPÖ. Mit Alexander Zach, einem Lobbyisten und rechtsliberalen Wirtschaftstreibenden hat sich die SP-Parteiführung einen Mann ins Boot geholt, der sich noch vor weniger als einem Jahr um einen Platz auf der Liste der ÖVP bei den Wiener Gemeinderatswahlen bemüht hatte.
Während Parteichef Alfred Gusenbauer den Unmut aus den eigenen Reihen damit zu besänftigen versucht, indem er immer wieder beteuert, dass man – in Anlehnung an Bruno Kreiskys einstigen Wahlslogan - nur „ein Stück des Weges gemeinsam gehen“ will, sind die Handlungen der SP-Spitze an Symbolik wohl kaum zu überbieten: Da wirft man vor einigen Wochen doch tatsächlich führende GewerkschafterInnen aus dem SP-Parlamentsklub, um den frei gewordenen Listenplatz für die Nationalratswahl dann mit einem Vertreter des Kapitals und bekennendem Anhänger des Wirtschaftsliberalismus zu besetzen!
Die Lohnabhängigen können hier nur verlieren. Nachdem sämtliche Bewegungen gegen die schwarz-bunte Regierung von oben im entscheidenden Moment abgedreht worden waren (siehe Kampf gegen die Pensionsreform, ÖBB-Streik usw.) stellt die Nationalratswahl 2006 eine letzte große Möglichkeit dar, eine wahre Alternative zu Schüssel & Co. zu präsentieren. Bisher hat man sich von Seiten der SP-Spitze noch nicht einmal dazu durchringen können, eine mögliche Koalition mit der ÖVP auszuschließen, im Gegenteil. Indem man einerseits die GewerkschafterInnen per Beschluss aus dem Parlamentsklub verbannt und diesen andererseits neoliberalen UnternehmerInnen öffnet, symbolisiert man der ÖVP unmissverständlich die Bereitschaft, auch „ein Stück des Weges gemeinsam gehen“ zu können.
Für linke GewerkschafterInnen und AktivistInnen der Sozialistischen Jugend kann das nur bedeuten, dass wir mit aller Vehemenz das Erbe unserer Partei gegen derartige Entwicklungen nach rechts verteidigen müssen. Der Kapitalismus hat keinen Spielraum mehr für Reformen. Er zieht heute seine gesamte Energie gerade eben aus der Vernichtung sämtlicher Errungenschaften, die in der Vergangenheit durch Reformen erreicht wurden. Solange sich die Sozialdemokratie darauf einlässt das kapitalistische Spiel mitzumachen und sich mit dem System arrangiert wird sie sich auch maßgeblich daran beteiligen müssen, die Lohnabhängigen zu attackieren.
Erst wenn sie sich auf ihre theoretischen Wurzeln und die Stärke der ArbeiterInnenbewegung zurückbesinnt und somit eine echte Alternative zu Lohnkürzungen, Sozialabbau und Bildungsklau darstellt, wird sie für die vielen perspektivlosen Jugendlichen, sozial Schwachen und Lohnabhängigen zu einem Attraktionspol werden – und von einer Partei endlich wieder zu einer Bewegung.