Lehrlinge zur Selbstaktivität bringen
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- Erstellt am Freitag, 19. Februar 2010 10:38
- von Sandra Gartus, Kampagne "Wir sind ÖGB"
Angesichts der tristen Situation von Jugendlichen am Arbeitsmarkt, haben die Betroffenen selbst einmal zu Wort kommen und deswegen Interviews an Wiener Berufsschulen geführt.
Wir wollten wissen, welche Auswirkungen der Krise sie persönlich spüren und was sie über Ursachen und Gegenstrategien denken. Die meisten sagten, dass es in ihrem Betrieb keine Auswirkungen der Krise gäbe, bei einigen kamen "Kündigungen" und "Lohnkürzungen" vor. In der überwiegenden Mehrheit der Firmen ist die Krise überhaupt "kein Thema". Gefragt nach den Gründen der Krise gaben 43% das "Wirtschaftssystem" an, gefolgt von "unregulierter Finanzmarkt", "ManagerInnenfehler" und "Profitstreben". Als wir wissen wollten, welche Partei am meisten gegen die Krise kämpft, sagten 43% "keine einzige", 16% nannten die SPÖ, 9% die Grünen und nur 3% die FPÖ. Soviel zu dem medial verbreiteten Vorurteil, Lehlinge sind alle für die Blauen.
Da wir diesen Bereich genauer erforschen wollten, haben wie auch ganz konkret nach dem Zusammenhang von Wirtschaftskrise und MigrantInnen gefragt. 55% der Lehrlinge meinten, dass es hier keinen Zusammenhang gibt. 48% der befragten Jugendlichen wären bereit, selbst "gegen Rassismus und AusländerInnenhetze aktiv zu werden". Die Themen, für die sich Lehrlinge politisch einsetzen würden, waren auch: "höhere Lehrlingsentschädigung", "Jobs für alle", "mehr Lehrstellen" und "Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich (30 Stunden Woche)". Es zeigt sich also insgesamt, dass diese gesellschaftliche Gruppe eindeutig politisch unterschätzt wird und sich durch bessere Antworten auf die Krise auszeichnet als BerufspolitikerInnen.
Nach den größten Problemen von arbeitenden Jugendlichen heute befragt, beklagten unsere GesprächspartnerInnen am häufigsten "mangelnde Lehrstellen" und "fehlendes Geld", ein paar suchten auch die Lösung bei den Jugendlichen selbst und fanden sie zu "faul", aber auch von "zu wenig Chancen" und "zu hohen Anforderungen" war die Rede. Auch die Antworten nach Lösungsvorschlägen für die Probleme waren sehr vielfältig, doch die Hauptforderung ist und bleibt: "mehr Lehrstellen".
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Lehrlinge sehr auskunftsfreudig waren und viele davon bei enstprechenden Angeboten auch bereit wären, politisch aktiv zu werden. Daher initiieren wir derzeit eine Lehrlingskampagne in der SJ Wien. Das Problem ist nur, dass eigentlich niemand Jugendliche ernsthaft in politische Aktivität einbindet – auch ein Umstand, den wir ändern wollen.