Wer eineN von uns angreift, greift uns alle an!

Am 27.10.2013 wurden in Wien die Räumlichkeiten der Föderation der ArbeiterInnen und StudentInnen aus der Türkei in Österreich (ATIGF) angegriffen. Zum Zeitpunkt des Angriffes tagte dort gerade die linke Gewerkschaftsinitiative KOMintern, bei welcher auch KollegInnen von ATIGF mitarbeiten. Ein Kollege der Liste KOMintern wurde bei dem Angriff verletzt.

Nachdem sich die Polizei inklusive des Verfassungsschutzes fast volle 24 Stunden mit der berühmten Formulierung „es wird derzeit untersucht, ob ein politischer Hintergrund besteht“ aus der Bredouille zu ziehen versuchte, mussten diese mittlerweile wenigstens zugeben, dass gegen sieben der neun Festgenommen Anzeigen wegen Gewaltdelikten und gegen zwei sogar wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung vorliegen. In Anbetracht dieser Tatsache kann die Frage nach einem politischen Hintergrund wohl als geklärt erscheinen, auch wenn sich die Staatsmacht noch immer nicht zu dieser Aussage durchringen konnte.

Gleichzeitig muss festgehalten werden, dass die AngreiferInnen der Austria Wien-‚Fan‘-Szene zuzurechnen sind. Ihre Gruppierung „Unsterblich“ fiel vor der Verbannung durch den Verein auf der Tribüne immer wieder durch rassistische und neonazistische Parolen auf. Und eine Verbannung aus dem Stadion wird wohl an der ewiggestrigen Gesinnung der TäterInnen (selbstverständlich gilt die Unschuldsvermutung …) nichts geändert haben.

Es ist eine altbekannte Tatsache, dass die Rechten immer wieder versuchen, die Fußballfanszene zu unterwandern, was ihnen leider nur all zu oft gelingt – und das keinesfalls nur bei der Wiener Austria. Tatsächlich gibt es aber auch internationale Gegenbeispiele, die belegen, dass solchen Umtrieben sehr wohl durch bewusste Fanarbeit Einhalt geboten werden kann – St. Pauli oder Livorno stehen dafür nahezu prototypisch. Nicht verwundern darf uns aber, dass solche Projekte nur von Vereinen gemacht werden, die einen überwiegend linken Anhang haben, ja, wo die Clubs selbst zumindest als links wahrgenommen werden. Das zeigt einmal mehr, dass auch Fußball nicht unpolitisch ist! Denn wo vorgegeben wird, dass dem so sei, bilden sich Brutstätten für die Rechten heraus.

Wehret den Anfängen!

Aber zurück zu den Geschehnissen in Wien. Tatsächlich hat es sich wohl um einen Angriff auf KollegInnen mit Migrationshintergrund gehandelt. Dass diese noch dazu für ihre eigenen Anliegen politisch aktiv sind, hat den Nazis wohl noch weniger gepasst. Außerdem ist noch stadtbekannt, dass es sich bei ATIGF nicht um irgendeinen unpolitischen Kulturverein handelt, sondern um eine Vereinigung sozialistischer KollegInnen.

Dass zum Zeitpunkt des Angriffes eine Sitzung der KOMintern in den Vereinsräumlichkeiten der ATIGF stattfand, mag ein Zufall sein. Tatsache ist aber, dass es sich bei diesem Akt um einen Angriff auf aktive GewerkschafterInnen gehandelt hat – etwas, dass es in Österreich seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat. Und genau hier kommen wir zum Kern der Sache: Die Zerschlagung der organisierten ArbeiterInnenbewegung war für alle faschistischen Bewegungen eines der Hauptziele. Und das ist es für die Nazis auch heute noch. Selbst wenn die eigentlichen AngreiferInnen vielleicht nicht gewusst haben, dass gerade GewerkschafterInnen in ihrem Zielobjekt tagen, so werden es die DrahtzieherInnen zumindest billigend in Kauf genommen haben.

Schutzbund

Die einzige Kraft, die in der Lage ist, dem Voranschreiten rechten Gedankengutes und rechter politischer Kräfte (bis hin zur FPÖ) Einhalt zu gebieten, ist die organisierte ArbeiterInnenbewegung. Daher gilt es Angriffen auf diese so früh wie möglich entgegenzutreten – selbst wenn nur eine scheinbar kleine und relativ unbedeutende Gruppe von KollegInnen davon betroffen ist.

Wer kommt als nächsteR dran, wenn sie damit durchkommen? Ein Streik? Eine große Betriebsratskörperschaft? Eine Sitzung der FSG? Eine Tagung einer Gewerkschaft? Eine Gewerkschaftsdemonstration? Wir wissen es selbstverständlich nicht, aber all das und noch viel mehr, sind möglich Ziele für die Rechten. Denn nur eine Zerschlagung der organisierten ArbeiterInnenbewegung bis hin zu SPÖ wird es möglich machen, die aktuellen Ziele des Kapitals zu 100 Prozent umzusetzen.

Sicherlich sind wir heute noch weit davon entfernt, aber wie schnell es gehen kann, hat die Geschichte schon oftmals gezeigt – gerade heute mit den Umtrieben der Nazis in unsrem Nachbarland Ungarn. Vielleicht hat die österreichische ArbeiterInnenbewegung den Fehler gemacht, den Republikanischen Schutzbund nach 1945 nicht wieder aufzubauen. Angriffe wie der hier beschriebene zeigen aber deutlich, dass wir ein organisiertes Selbstverteidigungsinstrument brauchen. Ob dieser so aussehen muss wie nach dem Ersten Weltkrieg, muss diskutiert werden. Ob es heute wirklich eine bewaffnete paramilitärische Organisation braucht, darf zumindest bezweifelt werden.

Die Grundidee aber, dass die ArbeiterInnenbewegung nicht nur ein Schutzbund für alle arbeitenden Menschen sein muss, sondern sich auch selbst in organisierter Form verteidigen können muss, da die Staatsmacht auf dem rechten Auge blind ist, ist heute so aktuell wie vor (fast) hundert Jahren.

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