Zahlen, die für sich sprechen

Rund um den Jahreswechsel werden auch immer zahlreiche Zahlen präsentiert, die die Entwicklungen des letzten Jahres darstellen. Heuer waren diese zum Teil besonders eindrucksvoll, haben sie doch deutlich belegt, wie ungerecht die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums auch in Österreich ist.

Zwischen 2000 und 2010 erhöhte sich das Volkseinkommen in Österreich im Durchschnitt um 3,4%, die Einkommen der arbeitenden Menschen stiegen aber in diesem Zeitraum im Schnitt nur um 2,9% – alle anderen Einkommen aber um durchschnittlich 4,6%. Diese über die Jahre massive Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums weg von den Arbeitenden zu den Vermögenden zeigte sich 2011 besonders deutlich. In diesem Jahr wuchsen die Arbeitseinkommen um 3,9%, die Erträge von Vermögen und Unternehmen aber um 8,4%. Damit hat sich der seit Ende der 1970er bestehende Trend einer kontinuierlichen Abnahme der Arbeitseinkommen am Volkseinkommen auch in den letzten Jahren fortgesetzt.

Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Denn diese nackten Zahlen sagen noch nichts darüber aus, wie viel das Geld, das wir Lohnabhängigen verdienen, tatsächlich wert ist. Der nicht gerade als klassenkämpferisch zu verunglimpfende Rechnungshof schreibt dazu in seinem Einkommensbericht 2012: „Die Wachstumsrate des Medianeinkommens der Männer und Frauen lag in neun von dreizehn Jahren (1999-2011 – Anm. des Autors) unter dem entsprechenden Jahreswert des Verbraucherpreisindex. In den letzten beiden Bezugsjahren wuchsen die mittleren Einkommen nominal zwar leicht (0,27% bzw. 1,33%), die vergleichsweise hohe Inflationsraten von 1,76% bzw. 3,30% erwirkten aber real einen relativ deutlichen Einkommensrückgang.“ Was wir verdienen, wird real also immer weniger wert, da die Lohnerhöhungen von Inflation und Steuerprogression wieder aufgefressen werden! Die Lohnerhöhungen sind also zu gering!

Konkret gab es in diesem Zeitraum insbes. bei ArbeiterInnen und den untersten 10% der EinkommensbezieherInnen massive Verluste beim Realeinkommen. Die Einkommen von Angestellten und Vertragsbediensteten stagnierten bestenfalls. Tatsächlich sind also die VerliererInnen der Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums in den letzten Jahren jene, die ohnedies schon viel zu wenig für ein menschenwürdiges Leben haben. Und die, die mehr als genug oder gar viel zu viel haben, gewinnen noch mehr dazu.

Selbst der von der MA 24 herausgegebene Wiener Reichtumsbericht belegt, dass die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums auch in Wien um nichts besser ist, wie im Rest Österreichs. Jetzt kann natürlich mit Fug und Recht angemerkt werden, dass die Länder in Österreich keine Steuerhoheit haben, Wien also nicht mehr bei den Vermögen ansetzen kann. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Schließlich gibt es auch noch die öffentlichen Ausgaben. Und diese könnten sehr wohl auf jene konzentriert werden, welche zu wenig zum Leben haben, statt zu nicht geringen Teilen in Prestigeprojekte wie sinnlose Neubauten für Verwaltungseinheiten, sauteure GeschäftsführerInnen in ausgegliederten und/oder privatisierten Betrieben oder die Förderung der Wirtschaft zu fließen.

Was diese kleine Auswahl von Zahlen einmal mehr zeigt ist, dass Österreich ein Steuerparadies ist – zumindest für jene, die viel Geld haben. Ganz anders sieht es aber mit der breiten Masse der arbeitenden Menschen aus. Wir brennen wie die Luster. Hier gilt es anzusetzen. Wenn die Finanzministerin meint, dass der Eingangssteuersatz zu hoch ist, dann soll sie diesen doch verringern. Das wäre nicht falsch. Was aber zumindest genauso wichtig wäre, wären höherer Steuern auf Gewinne und Vermögen. Wenn arbeitende Menschen für ein Jahresbruttoeinkommen von sagen wir € 30.000 im Durchschnitt über 20% Steuer zahlen, Banken mit Milliardengewinnen aber real runde 5%, dann stimmt schlicht und einfach das Verhältnis nicht.

Sehr wohl entspricht dieses Verhältnis aber der Logik des herrschenden Systems. Solange Profite zählen, aber nicht die Menschen, wird sich daran nichts ändern. Die Debatte um eine Reform des Steuersystems ist gut und richtig – jede daraus resultierende Verbesserung für uns Lohnabhängige zu begrüßen, ebenso wie jedes Prozent mehr, dass die (Super)Reichen an Steuern zahlen müssen. Solange die genannte herrschende Logik nicht umgekehrt wird, wird sich dadurch aber nichts an der grundsätzlich zutiefst ungerechten Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums ändern!

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