Die EU, die BäuerInnen und die Konzerne

Wir veröffentlichen hier einen Kommentar der Sozialistischen Jugend Vorarlberg zur Offenlegung der EU-Agrarförderungen, die zu einem beträchtlichen Ausmaß an Industriekonzerne gehen.

Seit ein paar Monaten sind jene Betriebe im Internet (www.transparenzdatenbank.at) einsehbar, die von der Europäischen Union mit Agrarförderungen unterstützt werden. Diese Veröffentlichung brachte brisante Details zu Tage: So befindet sich erst auf Platz 13 ein landwirtschaftlicher Betrieb, die Plätze 1-12 belegen Industriekonzerne, und selbst dieser Platz 13 wird von keinem typischen BäuerInnen besetzt sondern von der ohnehin millionenschweren Stiftung des Fürsten von Liechtenstein mit ihren sämtlichen Weingütern und Nutzflächen in Österreich, für die sie von der EU 911.800 Euro geschenkt bekommt.

Europaweit auf Platz 1 fi ndet sich allerdings ein Konzern aus Vorarlberg: Die Firma Rauch aus Rankweil erhält 6,7 Mio. Euro an Agrarförderungen. Als Grund dafür wird angegeben, dass dies vor allem Ausgleichszahlungen seien. Die EU verpfl ichtet Rauch, nur den teureren Zucker aus europäischem Anbau zu kaufen, anstatt den billigeren zu Weltmarktpreisen. Die Differenz erhält Rauch in Form der Agrarförderung zurück. Dieses System funktioniert also folgendermaßen: Die EU unterstützt die europäischen Betriebe, die Zuckerrüben anbauen, indem sie ihnen das Verkaufsmonopol im EU-Markt zusichert (denn am Weltmarkt würden sie untergehen). Dann wiederum unterstützt die EU jene Unternehmen, die dadurch verpfl ichtet sind, diesen teureren Zucker zu kaufen - durch eben die genannten Agrarförderungen. Somit führt die EU, die sich ständig auf das Gesetz des "Freien Marktes" beruft, wenn es um Kündigungen und Beschneidungen der ArbeitnehmerInnenrechte geht, genau dieses "Gesetz" selbst ad absurdum, um die Profi te der UnternehmerInnen abzusichern. Das Geld für diese Praktik kommt direkt aus den Geldbeuteln der SteuerzahlerInnen der EU-Länder und damit hauptsächlich von jenen Menschen, die durch wirtschaftsliberale Arbeitsgesetzgebungen immer noch mehr zur Kasse gebeten werden: So wurde vor kurzem z.B. die mögliche Arbeitszeit in gewissen Berufssparten auf 65 Stunden pro Woche (!!) erhöht.

Natürlich ist für diesen Missstand nicht nur die EU verantwortlich. Österreich ist Teil der EU und hat immer dann, wenn es um Einschnitte bei Errungenschaften der Lohnabhängigen ging, gerne und teilweise in vorauseilendem Gehorsam mitgemacht. Das Problem ist nicht, dass Österreich Teil eines übernationalen Zusammenschlusses ist, sondern dass der Zweck dieses Bündnisses ein rein wirtschaftlicher ist.

Tatsächlich wäre es rückschrittlich, würde mensch fordern, Österreich solle sich innerhalb seiner Grenzen gegen alles andere verbarrikadieren - genauso falsch ist es aber, die EU als soziales Projekt schönzureden.

Die Lösung würde in einer freiwilligen Föderation aller europäischen Länder liegen, in der nicht die Konzerne, sondern die Lohnabhängigen das Sagen haben. Eine Föderation, in der nicht die Wirtschaft über die Menschen, sondern die Menschen über die Wirtschaft bestimmen. Erst dann wäre ein solches Projekt tatsächlich ein sozialer Fortschritt.

In anderen Zusammenhängen halten sich Konzerne wie Rauch übrigens ganz gerne an die Logik der "Freien Marktwirtschaft": So werden bei der Rankweiler Firma Hirschmann, die im Vorjahr etwa 110 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet hat und im Besitz der Rauch-Brüder ist, bis Jahresende etwa 100 Stellen abgebaut, um eine der Produktionssparten nach Rumänien auszulagern. So läuft der "Freie Markt". Es ist übrigens zu erwarten, dass Hirschmann für die Schaffung von 500 Billigarbeitsplätzen in Rumänien wiederum Fördergeld der EU einkassieren wird. Immerhin bringen die Rauch-Brüder Investitionen in eine förderungswürdige EU-Region! So läuft die EU.

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