ÖGB: Wirtschaftskammer will Schieflage im Steuersystem fortschreiben

Steuerreform-Wünsche der WKÖ erhöhen Armutsrisiko in Österreich

"Und wieder lässt die Wirtschaftskammer BezieherInnen von geringen Einkommen und Pensionen im Regen stehen", so könnte man laut dem Leiter des volkswirtschaftlichen Referates im ÖGB, Mag. Georg Kovarik, die heute von der WKÖ präsentierten Vorschläge zur Steuerreform "Betriebe stärken - Kaufkraft erhöhen" zusammenfassen.

Die Vorschläge der WKÖ sehen eine Senkung der Lohnsteuer um 1,5 Milliarden Euro vor. Damit würden LohnsteuerzahlerInnen wieder nur rund 57 Prozent vom Entlastungsvolumen abbekommen. Allein 400 Millionen Euro davon würde dann noch die Anhebung der Einkommensgrenze beim Spitzensteuersatz von 51.000 auf 80.000 Euro kosten. Damit gehen weitere rund 15 Prozent an SpitzenverdienerInnen. Für den Rest bleiben nur mehr rund 42 Prozent übrig. Eine Entlastung von BezieherInnen mit geringen Einkommen sehen die Vorschläge damit wohl kaum bis überhaupt nicht vor.

Damit setzt die WKÖ den Kurs der letzten Steuerreform 2004/2005 weiter fort. Die Entlastungswirkung für ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen betrug damals etwa nur 32 Prozent. Durch die anhaltende hohe Teuerungswelle blieb den ArbeitnehmerInnen netto davon fast nichts in ihren Brieftaschen übrig. Hingegen erhielten den überwiegenden und dauerhaft entlastenden Anteil die Unternehmen. Dieser Kurs eines "Trickle-down"-Effektes soll jetzt scheinbar weiter fortgesetzt werden. Damit lässt die WKÖ GeringverdienerInnen wieder im Regen stehen: Sie müssen sich weiter anstellen und hoffen, dass von den Reichen irgendwann ein paar Euro zu ihnen durchsickern.

Wenn die Wirtschaftskammer zudem die Forderung nach einem steuerbegünstigten Urlaubs- und Weihnachtsgeld auch für Unternehmer an die erste Stelle reiht, dann müssen logischerweise auch die ArbeitnehmerInnen in den Genuss von Abschreibungen analog zu Selbstständigen kommen. Das zu erwähnen, wird jedoch gerne vergessen.

Zudem ist die Wirtschaftskammer offenbar der Meinung, dass für eine kräftige Entlastung für BezieherInnen von kleinen Einkommen und Pensionen kein großer Spielraum ist. Gegenwärtig sind aber rund eine Million Menschen in Österreich akut armutsgefährdet. Und die heute veröffentlichte Prognose der Kommission von einer weiterhin anhaltenden Teuerungsrate 2008 von 3,6 Prozent in der EU wird das Abrutschen in die Armut noch weiter beschleunigen.

Um die Kaufkraft zu stärken - wie das die Wirtschaftskammer vorschlägt - ist es daher notwendig, vor allem die Menschen mit geringen Einkommen und Pensionen nachhaltig und dauerhaft zu entlasten. Denn diese Entlastung fließt unmittelbar in den Konsum. ÖGB und Arbeiterkammer (AK) setzen sich daher im Gegensatz zur WKÖ für eine Lohnsteuersenkung ein, damit die Nettolöhne steigen. Dabei fordern ÖGB und AK an erster Stelle, dass BezieherInnen kleiner und mittlerer Einkommen beziehungsweise Pensionen bis 3.400 Euro brutto monatlich am stärksten und durch die jährliche Anpassung der Steuerbemessungsgrundlage an die Teuerung dauerhaft entlastet werden. Für jene, die auf Grund ihres geringen Einkommens überhaupt keine Lohnsteuer zahlen, ist ein Steuerbonus von bis zu 450 Euro vorgesehen. Von den ÖGB/AK-Vorschlägen profitieren - nebenbei erwähnt - alle Einkommens- und LonsteuerzahlerInnen - also auch zum Beispiel Freie DienstnehmerInnen, Neue Selbstständige und Ein-Personen-UnternehmerInnen beziehungsweise 77 Prozent aller Selbstständigen.

"Es kann nicht sein, dass wieder nur die Unternehmen und die Reichen von einer Steuerreform überproportional profitieren und die bestehende Schieflage im österreichischen Steuersystem fortgeschrieben wird", so Kovarik abschließend.

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