Die Krise macht krank

Laut jüngsten Zahlen gehen die Krankenstände seit Beginn der Wirtschaftskrise zurück. Dies ist aber nicht auf eine plötzliche Gesundung der Bevölkerung zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust. Denn tatsächlich macht die Krise krank – physisch, aber auch psychisch.

Im Moment sind die Angst vor der Zukunft und das Gefühl der Ungewissheit bei vielen Menschen allgegenwärtig. Laut einer IMAS-Umfrage gingen 30 Prozent der insgesamt 1.235 befragten ÖsterreicherInnen "mit Skepsis", 29 Prozent gar "mit Sorge" in das Jahr 2009. Dazu meinte Karl Dantendorfer von "pro mente": "Die Wirtschaftskrise drückt auf die Psyche – bei Gesunden und bei jenen, die nicht ganz gesund sind noch viel stärker. Der Druck auf den Arbeitsplatz, die Unsicherheit, die Angst vor der Zukunft macht Menschen krank. Zukunftsangst macht Stress und erhöht Hormonspiegel – Hormonspiegel, die wir nicht brauchen können – und das bewirkt die Depression."

Ausweg Selbstmord

In der französischen Telekom wurde unlängst sogar ein eigenes PsychologInnen-Team eingestellt, da im Zuge der Umstrukturierung (sprich Arbeitsplatzvernichtung) die Selbstmorde unter den MitarbeiterInnen rasant zunahmen - allein in den vergangenen Monaten waren es über 24. Gerade erst Anfang Oktober wurde als Reaktion darauf ein Top-Manager ausgetauscht. Früheres Handeln hätte Leben retten können.

Besonders gefährdet sind ZeitarbeiterInnen, die meistens als erste ihre Stelle verlieren. Auch bei MigrantInnen ist die Suizidgefahr erhöht, da sich zu der Angst um den Arbeitsplatz, auch rassistische Übergriffe und Angriffe mehren.

Einen Anstieg gibt es auch bei älteren Menschen und hier wiederum bei Frauen über 60. Viele Ältere fühlen sich von der Gesellschaft allein gelassen; dazu kommt die Angst vor der Hilflosigkeit und entwürdigenden Lebensbedingungen im Alter.

Mach kaputt, was Dich kaputt macht!

Psychische Probleme stellen eine der Hauptursachen für frühzeitigen Austritt aus dem Erwerbsleben dar. Pro Jahr gehen mehr als 8.000 Menschen in Österreich deshalb vorzeitig in Pension Inzwischen sind 40% aller Krankenstände psychisch bedingt und jedeR Zweite erlebt in seinem Leben eine depressive Phase bzw. leichte Depression. Für viele ist der Zusammenhang zwischen Umwelt und Innenleben oft verschlossen. Zu intim, zu individuell, zu einzigartig erscheinen die eigenen Gefühle und Wahrnehmungen.

Und auch wenn dies sicher richtig ist, reagieren wir doch in unserer Einzigartigkeit kollektiv (sprich gemeinsam) auf widrige Umstände und hier liegt die Chance auf Veränderung! Entgegen der Mär von "JedeR ist seines/ihres eigenen Glückes SchmiedIn", gibt es konkrete gesellschaftliche Bedingungen, die genau diesem Glück diametral entgegenstehen. Der Mensch braucht gute, sichere Rahmenbedingungen, um sich wohl zu fühlen und zu entwickeln. Dazu gehört neben den Grundbedürfnissen auch das Gefühl, gebraucht zu werden und sich verwirklichen zu können. Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Armut, Kriegshetzerei und konservative Gleichschalterei finden ihre Widerspiegelung in der Psyche aller Menschen. Das Unwohlsein der heutigen Zeit hat eine Diagnose: Der Wahnsinn des Kapitals!

Eine britische Studie zeigte vor wenigen Jahren auf, dass regelmäßiges Demonstrieren bzw. Protestieren erstaunlich positive Auswirkungen auf Angststörungen und Depressionen (zwei der aktuell häufigsten Erkrankungen in den sog. Industriestaaten) hat. In diesem Sinne: Heraus auf die Straße und her mit dem schönen Leben, denn eure Krise darf nicht unsere werden! Eure Krise zahlen wir nicht – schon gar nicht mit unserer physischen oder psychischen Gesundheit!

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