Wo ist all das Geld geblieben?: Ausweg aus der Bankenkrise

Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs waren österreichische Banken federführend bei den Investitionen in Osteuropa. Bis dato wurden ungefähr 300 Milliarden Euro in der Region "veranlagt", d.h. zum Großteil in Form von Krediten vergeben. Nun droht dieses Engagement von Raiffeisen, Erste, Bank Austria und Co. die heimische Bankenlandschaft in den Abgrund zu reißen.

Durch die Folgen der Weltwirtschaftskrise geraten die Länder Osteuropas vermehrt unter Druck. Sie sind mit einer galoppierenden Staatsverschuldung und massiven Währungsabwertungen konfrontiert.

Zahlenspiele

Raiffeisen International und die Erste Bank hängen mit ungefähr 230 Milliarden im Osteuropageschäft. Diese Summe entspricht 70% der österreichischen Wirtschaftsleistung. Zählt mensch noch die Bank Austria (die ja Teil der italienischen UniCredit ist) dazu, sind es rund 300 Milliarden Euro und damit 85% des österreichischen BIP von 2007, mit BA-CA sogar über 100%.

Der ungarische Forint, der russische Rubel und die ukrainische Hryvina haben im Zeitraum von September 2008 bis Februar 2009 zwischen 29 und 42% ihres Werts verloren. Und die Talfahrt ist noch lange nicht beendet. Dieser Währungsverfall trifft österreichische Banken hart, da sie viele Fremdwährungskredite vergeben haben. Wer sich in Ungarn oder der Ukraine ein neues Auto, eine neue Waschmaschine kaufen wollte, konnte in den vergangen Jahren leicht solche Darlehen in Euro bekommen. Nun aber erweist sich die Rückzahlung der Kredite als Problem, da sich der Wechselkurs der lokalen Währungen gegenüber dem Euro fast von Tag zu Tag verschlechtert. Laut Schätzungen internationaler Ratingagenturen würde bei einer Ausfallquote von zehn Prozent der Kollaps der in Osteuropa "engagierten" österreichischen Banken drohen. Andere AnalystInnen sehen eine substanzielle Bedrohung für die heimischen Banken schon bei fünf Prozent nicht wieder einbringbarer Kredite.

Gibt es einen Lichtblick? Laut dem Standard vom 28.02.2009 sehen die ExpertInnen der ehemaligen(!) Investmentbank Goldman Sachs kein gravierendes Problem auf Österreich zukommen. Ihrer Meinung nach käme es im schlimmsten Fall zu einer Ausfallquote von 30 Prozent für die Osteuropakredite heimischer Banken, die diesen jedoch nichts anhaben könnte. Bleibt nur zu hoffen, dass das Wort Expertise nur zufällig die gleichen Anfangsbuchstaben hat wie Ex-Investmentbank! Möglicherweise haben sie nicht bedacht, dass "unsere" Banken nicht aus Nächstenliebe nach Osteuropa auszogen, um der dortigen Bevölkerung die Freuden des kapitalistischen Systems näher zu bringen, sondern wohl auch mit dem Ziel Gewinne zu schreiben.

Gefahr in Verzug

Niemand weiß wie viele "faule Kredite" und wertlose Papiere wirklich im Umlauf sind und welche Summen folglich noch abgeschrieben werden müssen. Das spiegelt sich zum Beispiel darin wider, dass die Aktie von Raiffeisen International zwischen Mai 2008 und Anfang März 2009 90% ihres Wertes verloren hat. Ungarn, die Ukraine sowie Rumänien sind de facto bankrott. Nur neue Milliardenkredite des IWF konnten das unmittelbar abwenden, vielleicht auch nur aufschieben. Außerdem ist zu erwarten, dass sich die wirtschaftliche Situation in Osteuropa weiter verschlimmert. Je mehr Betriebe Bankrott gehen, je mehr Leute ihren Job verlieren bzw. zu Kurzarbeit gezwungen werden, desto weniger Kredite können getilgt werden.

Eine gute Illustration der Situation bieten die steigenden Aufschläge für österreichische Staatsanleihen. Auch die Kosten für die Versicherung gegen den Ausfall der heimischen Staatsanleihen sind in den letzten Monaten erheblich gestiegen. So lässt sich beispielsweise an den CDS (Credit Default Swaps) – einer Art Spekulation auf den Ausfall von Krediten – erkennen, dass die AkteurInnen auf den Finanzmärkten die Gefahr eines Staatsbankrotts für Österreich höher einschätzen als für Italien, ein Land, das (im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung) aber mehr als doppelt so hoch verschuldet ist.

Nun, zum Glück haben wir lächelnde Faymanns und Prölls, die unermüdlich bei den Institutionen der EU sowie in den betreffenden osteuropäischen Ländern selbst um finanzielle Unterstützung werben. Dieser Versuch wird aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von Erfolg gekrönt sein, denn die Banken anderer Länder haben in der Region bei Weitem weniger zu verlieren als die heimischen. Außerdem: Welchen Grund hätte die deutsche Kanzlerin, den Bankiers ihres Landes im Weg zu stehen? Ihre Ablehnung eines gemeinsamen EU-Engagements zur Stabilisierung der osteuropäischen (lies: hauptsächlich österreichischen) Banken entspricht nur der Vorfreude deutscher Großbanken darauf, ihre österreichischen Konkurrenz geschwächt zu sehen.

Mit wessen Geld?

Seit Ausbruch der Krise stehen die VertreterInnen jener Banken, die im letzten Jahrzehnt sagenhafte Gewinne schreiben konnten, Schlange bei der Regierung. Waren in den Boomjahren die fetten Profite allein ihre, wird nun an den nationalen Gemeinschaftssinn appelliert, um die Verluste der gesamten Gesellschaft aufzubürden. So sicherte sich die Erste Ende Februar ungefähr zwei Milliarden Euro aus dem Budget. Allerdings ließ ihr Generaldirektor Treichl auch sogleich verlautbaren, dass es allein die Sache der Bank sei, was sie mit dem Geld mache; zum Beispiel: Dividenden zahlen. Andere Banken werden auch nach staatlichen Geldern greifen.

Die Regierung will insgesamt 100 Milliarden Euro für den gesamten Bankensektor zur Verfügung stellen. Das sind mehr als sämtliche Staatsausgaben im Jahr 2008. Die Rettung der Banken wird also ein riesiges Loch ins Budget reißen. Dieses wieder zu schließen, wird in den nächsten Jahren mit schmerzlichen Einschnitten ins Sozialsystem versucht werden. Auch werden die im Zuge des Bankenrettungspaketes gestiegenen Zinsen auf die Staatsschuld aus Steuereinnahmen finanziert werden müssen. Hierbei wird wieder einmal der Einfluss der SpitzenvertreterInnen der Wirtschaft auf die Regierungspolitik klar.

Bad Bank

Ein Zusammenbruch des Bankensystems hätte klarerweise enorme, aber konkret unvorhersehbare Folgen für die gesamte Wirtschaft. Schon jetzt sprechen viele von einer sog. Kreditklemme und wir können die Folgen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft beobachten. Die kapitalistischen Großbanken erfüllen ihre ureigenste Aufgabe, die Kreditvergabe, nur höchst unzureichend. Das ist auch den Bürgerlichen klar. Welche Lösungen aber werden vorgeschlagen? Eine Möglichkeit, die immer wieder durch die Medien geistert, ist die "Bad Bank". Damit ist die Schaffung eines oder mehrerer Kredit-institute gemeint, die den Banken ihre faulen Kredite abkaufen. Das Risiko höherer Verluste trägt dabei die "Bad Bank". Diese muss genügend Kapital von außerhalb bekommen, um die Risiken der gekauften faulen Kredite tragen zu können. Das wird in der Regel durch Bürgschaften des Staates passieren. Kurz gesagt: Es handelt sich um eine Übernahme der Risiken und Verluste durch den Staat, während dieser aber keine wirkliche Lenkungsmöglichkeit hat, da die (Bad) Bank ja offiziell eine "marktwirtschaftliche" Institution ist. Das erklärt auch, warum sich der deutsche Bankenverband massiv für eine solche Lösung einsetzt.

Verstaatlichung oder Verstaatlichung?

Die andere Lösung wäre eine Übernahme der de facto bankrotten Banken durch den Staat. Das ist allerdings ein heikles Terrain für die Bürgerlichen und ihre politischen VertreterInnen (Zitat Faymann: "Ich bin kein Freund der Verstaatlichung von Banken"). Es wäre ein Eingeständnis, dass ihre Ideologie von "Weniger Staat, mehr privat" gescheitert ist.

Ihre Vorstellung von Verstaatlichung ist im Wesentlichen die folgende: Übernahme der Risiken durch den Staat, aber keine prinzipielle Änderung der Funktionsweise der Banken und eine möglichst schnelle Reprivatisierung, wenn die Krise überstanden ist – also eigentlich der gleiche Weg wie bei der "Bad Bank", nur dass die Vergesellschaftung der Verluste und Risiken offensichtlicher ist. Auch eine so verstaatlichte Bank würde in der momentanen Situation ihrer Aufgabe der Kreditvergabe nicht gerecht werden können. Schon jetzt erhalten die Banken massive Geldgeschenke, sind aber nicht bereit, mehr Kredite zu vergeben. "Fehlendes Vertrauen" wird das genannt. Das grundlegende Problem dabei ist, dass Banken als Privatunternehmen das Ziel verfolgen, möglichst große Profite zu machen. Die Frage der Eigentumsverhältnisse hat also praktische Konsequenzen.

Hier gibt es nur einen Ausweg: Bei staatlicher Hilfe und/oder Risikoübernahme müssen die Geschäftsbücher offengelegt werden. Schließlich wollen wir nicht die Katze im Sack "kaufen". Dadurch ließe sich auch herausfinden, wohin die Rekordgewinne der letzten Jahre geflossen sind bzw. wer für die riskanten Geschäfte verantwortlich ist. Dabei wird sich wohl zeigen, dass Erste&Co. im letzten Jahrzehnt so viele Gewinne gemacht haben, dass eine entschädigungslose Verstaatlichung gerechtfertigt ist. Um zu garantieren, dass für HäuselbauerInnen, Kleinunternehmen, gesellschaftlich und/oder ökologisch wünschenswerte Projekte (sozialer Wohnbau, Ausbau des Sozial- und Gesundheitssystems, …) die notwendigen finanziellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, muss die demokratische Kontrolle (durch VertreterInnen der Belegschaft, der Gewerkschaft und des Staates) über eine einheitliche und transparente Staatsbank hergestellt werden.

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