Wirtschaft will unser Geld für ihren Profit: Wir zahlen eure Krise nicht!

In atemberaubendem Tempo entwickelt sich die Weltwirtschaftskrise. 2.500 Milliarden Euro an öffentlichen Geldern wurden weltweit versenkt, ohne einen einzigen positiven Effekt erzielt zu haben. Die Märkte sind verstopft, die Maschinen werden heruntergefahren, der Gütertransport bricht ein, die Banken vergeben keine Kredite. Verstummt sind die KommentatorInnen, die erwarteten, dass die Globalisierung rückgängig gemacht und Europa sich aus der "amerikanischen" Krise heraus halten könne.

Die Regierungen stehen der Situation einstweilen planlos gegenüber. Weltweit wird hilflos versucht, die Krise durch öffentliche Gelder zu stoppen. Diese Politik hat den alleinigen Effekt, die Budgetdefizite massiv zu erhöhen und einen späteren Aufschwung durch eine massive öffentliche Schuldenlast zu unterminieren. In der Mehrheit der Euroländer werden die Maastricht-Grenzen der Neuverschuldung massiv nach oben durchbrochen. Spitzenreiter Irland wartet heuer mit einem Budgetdefizit von 11 Prozent des BIP auf, Britannien 9, Rumänien 7,5, Spanien 6,2, . Die Arbeitslosenrate im Euroraum steigt nach Erwartungen der EU auf 9,3 Prozent, angeführt von Spanien, wo die Rate auf über 16 Prozent steigen wird. Allein heuer werden in der EU 3,5 Millionen Vollzeitarbeitsplätze verloren gehen; dabei handelt es sich um mehr Menschen als es in Österreich lohnabhängig Beschäftigte gibt.

Stoppt die Banken!

Die Garantien für die Banken fielen in Österreich mit 100 Millarden Euro im internatinalen Vergleich besonders hoch aus. Im November tönte es daher aus den Vorstandsetagen, dass mit der staatlichen Bankengarantie dieser Sektor aus der Krise heraus sei und die Güterindustrie mit frischem Geld versorgen könne. Aus giftigen Wertpapieren und Krediten wurde aber ein komplett vergifteter Sektor, der seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann. Allein deutsche Banken haben einen weiteren Abschreibungsbedarf von bis zu 1.000 Mrd. Euro; Österreichs Vorstandsetagen hüllen sich in Schweigen. Die öffentliche Meinung wird darauf vorbereitet, dass die blindlings im Parlament einstimmig verabschiedeten Garantien wohl schlagend werden. Und da der Bankensektor trotz der helfenden Hände der (Lohn-)SteuerzahlerInnen am Abgrund wandelt, verlangt nun die Industriellenvereinigung, mit dem Hinweis auf das Versagen der Banken 15 Mrd. SteuerzahlerInnengeld direkt aus der Staatskassa.

Österreichs Sonderkonjunktur dank Osteuropaengagement gilt heute als Betonklotz, der die Banken zu versenken droht. Während selbst die von Berufs wegen zweckoptimistischen ,ExpertInnen' von WIFO, OECD& Co davon ausgehen, dass sich Österreich bereits in der Rezession befindet, wartet die Sternendeuterin G. Rogers auf der Titelseite der Tageszeitung "Österreich" mit einer Frohbotschaft auf: Die Krise werde an uns vorübergehen - dank "des Planeten Mars."

Klassische kapitalistische Krise

Die Welt befindet sich am Beginn einer klassischen Überakkumulationskrise. Überkapazitäten, sowie Überproduktion von Waren und Dienstleistungen, die keinen Absatz mehr finden, prägen das Bild. In dieser Situation wird die Ansage, dass die Nationalstaaten gelernt haben und "gemeinsam aus der Krise herauskommen", wie alle anderen Versprechungen wie eine Seifenblase zerplatzen. Bereits in der zweiten Jahreshälfte des vergangenen Jahres sind die internationalen Antidumpingverfahren um 40 Prozent gestiegen. Einzelne Länder (Indien, Vietnam) haben die Einfuhrzölle bereits erhöht. Klimafragen, Umweltschutz, Antidumpingverfahren usw. werden herhalten, um die USA, Europa und Japan vor Konkurrenz abzuschotten. Subventionen an die nationale Industrie werden nun kommen wie das Amen im Gebet. Die Wirtschaft ist globalisiert; in der Krise werden die Kapitalgruppen jedoch unter den Schutzmantel des historisch überkommenen Nationalstaats schlüpfen, und die Weltwirtschaft weiter nach unten ziehen. Eine solche Situation hat im 20. Jahrhundert bereits zu zwei Weltkriegen geführt.

Dieser Weg ist heute aufgrund der übermächtigen militärischen Stärke der USA ausgeschlossen. Wir werden aber eine weitere Zunahme von regionalen Kriegen erleben, die allein die Probleme nicht lösen können werden. Die gewaltigen Widersprüche die sich in Wirtschaft und Gesellschaft auftürmen, werden innerhalb der Grenzen eines jeden Landes ausgetragen werden müssen.

Im Zuge dieser Krise werden früher oder später in allen Ländern heftige Verteilungskämpfe ausbrechen. Diese Krise bietet ein fertiges Rezept für Massenbewegungen (wie wir sie derzeit sogar in Island sehen können), Revolten und Revolutionen. Allein der Zeitpunkt des Ausbruchs der Bewegungen ist national verschieden - ein neues 1968 aber ebenso möglich. Ein Kommentator der Londoner Times brachte die Situation kürzlich so auf den Punkt: "Dies ist nicht nur ein herkömmlicher Konjunkturzyklus. Dies ist das Versagen eines Systems. Es ist der Zusammenbruch der Berliner Mauer."

Ned deppert sein!

Kanzler Faymann scheint tatsächlich auf den roten Planeten zu hoffen - Maßnahmen sind hingegen dünn gesät. Sinnbildlich für die neue BürokratInnenkoalition aus (Land-)WirtschaftskämmererInnen und den wieder vereinigeten Bürokratien der ArbeiterInnenbewegung ist, dass am Vortag zum diensttäglichen MinisterInnenrat noch nicht mal eine Tagesordnung feststeht. Es wird getan, was die Wirtschaft verlangt; und gleichzeitig wird versucht, alles zu unterlassen, was die ArbeiterInnenbewegung und Jugendliche zusätzlich reizen könnte.

Sinnbildlich dafür wird das Unibudget um 1,5 Mrd. Euro erhöht, nachdem die ÖH mit Studierendenversammlungen drohte; das Schulmodell der neuen Mittelschule wird ausgeweitet, Hundstorfer zieht den Vorschlag von Lohnkürzungen innerhalb von 24 Stunden zurück, um diese dann allerdings in Form der Ausweitung der Kurzarbeitsregelung wieder aus der Taufe zu heben.

Das Motto lautet: "Nur nicht anstreifen!!" Nicht bei der Jugend, nicht bei den Bundesländern, nicht bei der organisierten ArbeiterInnenbewegung. Die Stabilität dieser Regierung basiert allein auf ihrem ruhenden Eigengewicht. Faymanns momentane relative Popularität ist gerade dem Umstand geschuldet, dass er bisher noch keine Maßnahme gesetzt hat - außer Geld zu verteilen. In Ländern, in denen der gesellschaftliche Unmut bereits lauter artikuliert wird, greifen sozialdemokratische ParteichefInnen zu noch ungewöhnlicheren Methoden, um Druck abzulassen. Die spanische PSOE etwa rief zu Demonstrationen gegen "das Massaker im Gaza" auf. In Madrid folgten 200.000 Menschen diesem Aufruf, in Barcelona 80.000.

Auf welcher Seite steht ihr?

Die Führungen der ArbeiterInnenparteien werden sich entscheiden müssen. Die Tiefe der Krise lässt ein dauerhaftes Lavieren nicht zu. Was in Zeiten der Hochkonjunktur bereits schwierig war, wird nach der Phase der schockhaften Erstarrung (oder hyperaktiven Scheinaktivität la Sarkozy) in tiefe gesellschaftliche Erschütterungen münden. Das Zentralorgan des Kapitals, die Financial Times, leitet in ihrer deutschsprachigen Ausgabe bereits die Wende der Schuldenpolitik ein: "Nach einem koordinierten fiskalischen Impuls sollte nun eine koordinierte Konsolidierung erfolgen."

Jakob von Weizsäcker vom Forschungszentrum Breugel wird in Der Presse noch deutlicher zitiert: "Wir schlagen eine Zusatzvereinbarung vor: jetzt große Ausgaben für den Stimulus, aber gleichzeitig Strukturreformen im selben Umfang." Beispielsweise will er das italienische Konjunkturpaket mit einer Erhöhung des Pensionsantrittsalters verknüpfen. Wir können sehen, wie im Lager des Kapitals eine Umgruppierung hin zu jenen Kräften stattfindet, die die Krise offensiv auf den Schultern der Lohnabhängigen und der Jugend abladen wollen - und dafür auch noch so heftige soziale und andere Konflikte in Kauf nehmen.

Die momentane Ruhe wird dem nicht standhalten können. In dieser Situation sind aufstandsähnliche Jugendbewegungen, Bewegungen der ArbeiterInnenklasse und heftige Erschütterungen in ihren traditionellen Massenorganisationen absehbar. Entweder die SPÖ und die Gewerkschaften rücken nach links und beginnen damit, die Interessen der Lohnabhängigen statt jene der Wirtschaft zu verteidigen, oder sie bieten breiten Raum zur Etablierung einer organisierten Linken in der ArbeiterInnenbewegung. Und wie in der Bibel werden wir der Bürokratie laut zurufen "Du kannst nicht Diener zweier Herren sein!".

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