Interview mit Franz Georg-Brantner, Vorsitzender des Wirtschaftsbereiches Handel in der GPA-djp

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Auch wenn der Handelsabschluss nicht so hoch war, wie sich viele KollegInnen das gewünscht hätten – immerhin liegt er doch real erstmals seit langem über dem MetallerInnen-Abschluss. Wie ist es dazu gekommen?

Ich bin schon etwas verwundert, dass von Dir unser Handels-KV-Abschluss als "nicht so hoch" bewertet wird. Ich bewerte ihn als für die momentan vorhandenen Rahmenbedingungen als durchaus "herzeigbar". Auch lehne ich einen Vergleich mit dem MetallerInnen-Abschluss ab, da wir aufgrund anderer wirtschaftlicher Bedingungen damit nicht verglichen werden können. Das gilt für dieses Jahr genauso wie für die Zukunft. Nur durch entschlossenes Verhandeln verbunden mit spürbaren öffentlichen Protestmaßnahmen durch die GPA-djp konnte dieses Ergebnis erzielt werden. Es war heuer ein extrem harter KV-Verhandlungsprozess.

Auffällig am Abschluss ist, dass die unteren Einkommensgruppen, insbes. Lehrlinge, eine stärkere Lohnsteigerung bekommen. Was waren die Überlegungen dahinter und glaubst du, dass solche Sockelbeträge oder vielleicht sogar Fixbeträge der Weg für die Zukunft sind, um ein immer weiteres Auseinanderdriften hoher und niedriger Einkommen zu verhindern?

Antwort: Unserer, neu konstituierter Handels-Bundesausschuss war der Meinung, dass es einen gewissen Nachholbedarf gegeben hat. Der Handel war im vergangenen Jahr, und für diesen Zeitraum verhandelten wir, sicher keine Krisenbranche. Die stärkere Anhebung der unteren Gehälter war für uns immer eine Zielsetzung. Schon mehrmals gelang es, diesen für uns extrem wichtigen Bereich bei KV-Erhöhungen stärker zu berücksichtigen.

Wäre bei den Kollektivvertragsverhandlungen nicht mehr drinnen gewesen, wenn ihr eure begonnen Aktionen fortgesetzt hättet? Wie hätten die nächsten Aktionen ausgesehen - hätten in diese auch die Belegschaften selbst einbezogen werden sollen?

Wir haben gerade diesmal mit sehr innovativen Ansätzen und auf breiter demokratischer Basis gehandelt, verhandelt und gemeinsam auch protestiert. Für unseren Wirtschaftsbereich waren die Art der Aktivitäten, und die Zahl der teilnehmenden BetriebsrätInnen durchaus beachtlich. Nach meiner, sehr selbstkritischen Einschätzungen, konnten wir die uns selbst gesetzten Ziele weitgehend erreichen.

Zum Abschluss noch eine allgemeinere Frage: Was glaubst du, wie sich die Gewerkschaften ändern müssen, um den zunehmenden Angriffen der Unternehmen erfolgreich Widerstand entgegensetzen zu können? Muss dazu nicht wieder die Systemfrage gestellt, also der Kapitalismus insgesamt in Frage gestellt werden?

Nach meiner Einschätzung ist der Verteilungskampf zwischen Kapital und ArbeitnehmerInnen sicher härter geworden. Doch besonders dieses Jahr, das mit der Forderung nach der "Nulllohnrunde" begonnen hatte, hat die GewerkschafterInnen stärker gefordert und diese haben diese Herausforderung gut beantwortet. Wir sind auf einem guten Weg!

Danke für das Interview!